06. Mai 2018
Quirra
Am Tag unserer Anreise fuhren wir nach dem Bezug des Hotels runter ins Tal und kämpften uns durch Pfützen und mückenverseuchte Macchia zu den Felsen von Quirra. Der mit Schafmist bedeckte Einstieg, die ortsansässigen und bluttrünstigen Viecher und der auf den ersten Blick unsympathisch aussehende Fels sorgten nicht wirklich für gute Laune. Markus stieg voller Optimismus in seinen Klettergurt und gab damit dem ganzen Team den bitternötigen Impuls.
Im Fels selber kam schon rasch Freude auf, die Sicherungsleute am Einstieg kämpften aber immer noch mit den hartnäckigen Insekten. Zu Beginn kletterten wir an einem einfachen Sektor ein, der uns - trotz Botanik - wunderbar griffigen und scharfen Kalk entgegenhielt. Rasch waren das nötige Felsgefühl und der Rhytmus gefunden. Es begann wirklich imens Spass zu machen.
Etwas weiter rechts war uns schon beim Rekognoszieren ein mit rötlichem Fels versehener Sektor aufgefallen. Nach den ersten Klettermetern waren wir auch hier sehr angetan von der Qualität der Routen. Linie um Linie gingen wir an, bis ein belebtes Wespennest und nasse Passagen uns zur Vorsicht mahnten.
So ging es noch einmal zurück zum Aufwärmsektor, wo noch zwei weitere lohnende Routen einladend wirkten und auch durchstiegen wurden. Die Kletterlust war nun mehrheitlich gestillt, das Hungergefühl meldete sich und auch die Finger verlangten nach den scharfen Wasserlöchern etwas Ruhe. Zeit zum Aufbruch und definitive Flucht vor den Stechmücken war also die einstimmige Parole. Der erste Klettertag hatte, entgegen dem anfänglichen Eindruck, mächtig Spass gemacht.
Das Klettergebiet Quirra liegt unterhalb des Castello di Quirra und wurde lange Zeit nicht beachtet. Ob dies an den Überhängen lag, die so glatt schienen, dass sie ohne geschlagene Griffe vermeintlich unkletterbar gewesen wären oder vielmehr an ihrer Abgeschiedenheit ist nicht ganz klar. Später entstanden in den leichteren Zonen erste Routen, die von einheimischen Sarden eröffnet wurden.
Die schwersten Linie gehen auf das Konto von Arthur Kubista aus Wien, der damit das Gebiet ins Interesse der Spitzenkletterer rückte. Besuche von Dani Andrada und Adam Ondra, aber auch von anderen Spezialisten, konnten nicht wirklich dazu beitragen, den Bekanntheitsgrad von Quirra gross zu steigern.
Die rasch unerträglich werdende Hitze im Sommer, die erwähnte Mückenplage und die abgelegene Lage sind weitere Gründe, dass dieses Gebiet wohl eher selten frequentiert wird. Am Fels liegt es jedenfalls nicht, wie wir bei unserem Besuch erfreut feststellen durften. Ein solcher Klettergarten wäre bei uns total überlaufen...