Holzegg
Klettergarten Holzegg 5c - 7a
"Ich fange nie mehr was an einem Sonntag an!" Der 1,5 Millionen Mal verkaufte Schlager von Monica Morell aus den 1970-er Jahren geisterte plötzlich durch meine Gehirnwindungen, als wir uns durch die bunte Menschenmasse am Einstieg des Klettergartens Holzegg schlängelten und nach einem freien Plätzchen für die Materialablage suchten.
«Ich besuche nie mehr an einem Sonntag die Holzegg» wurde rasch zu meiner eigenen Interpretation der aktuellen Situation. Wir hatten mit einem regen Besucherandrang gerechnet, sein Ausmass überraschte uns trotzdem. Klar herrschte traumhaftes Herbstwetter und ab 1500 Meter lag eine fast geschlossene Neuschneedecke. Die ausgesprochen sonnige Lage, ein extrem kurzer Zustieg von der Bergstation Holzegg, der griffige Fels und die perfekte Absicherung sind weitere Zutaten, die für eine ungebrochene Beliebtheit dieses Klettergartens sprechen.
Unser gewählter Anmarsch ab der Ibergeregg dauerte knapp 40 Minuten und verlangte auf dem teilweise stark vereisten Wanderweg stellenweise sogar etwas Vorsicht. Kurz vor der Holzegg erblickten wir die vielen bunten Punkte am Wandfuss: «Es hat fast vierzig ausgerüstete Routen im Fels und mehr als achtzig Nasen werden wohl nicht vor Ort sein» bemerkte ich zu Stine, machte mir aber selber wohl mehr Sorgen, dass wir an den jeweiligen Einstiegen anstehen würden. Tatsächlich waren nach unseren Vorbereitungsmassnahmen nur noch wenige Routen unbelagert.
Das Positive daran: Nur die Basisseillängen der bis zu 80 Meter messenden Linien wurden intensiv beackert, der ganze obere Wandteil war komplett frei. So flüchteten wir in das unbesetzte Obergeschoss der Holzegg und genossen dort unsere Freiheit. Die Route «Ibex» vermittelte uns dabei den idealen Zugang: Zu Beginn noch gemütlich, folgten zwei steilere und athletische Längen in bestens strukturiertem Fels. Da wir mit einem 80m-Einfachseil unterwegs waren, musste dementsprechend am Standplatz auch viel überschüssiges Seil eingezogen werden. Dafür waren wir mit zwei Abseilmanövern wieder rasch in der Menschentraube unten.
Zwei kurze Baseclimbs später, öffnete sich endlich auch das Fenster für die MSL-Route «El Corazón», bei der im zweiten Abschnitt eine kleingriffige Steilplatte trickreich überlistet werden muss. Langsam lichtete sich das Teilnehmerfeld am Wandfuss, was uns ermöglichte, über Umwege in den oberen Teil vom «Grüezi Weg» vorzudringen. Fast ständig mit den «Pratzen» in einem markanten Riss, klettert man dort in genialer Manier über den steilen Pfeiler ganz rechts aussen. Als krönender Abschluss gönnten wir uns noch «Heja Svenska», die in den warmen Farbtönen der untergehenden Sonne extrem reichhaltiges Seelenfutter bereithielt – schlicht fantastisch präsentierte sich nun die Stimmung an der Holzegg!
Wir machten uns anschliessend rasch auf den Weg zur Ibergeregg und erhaschten für kurze Momente nochmals ein paar fahle Sonnenstrahlen. Beim Parkplatz dämmerte es bereits und unten im Talkessel von Schwyz verschluckte uns endgültig die dunkle Nacht. Vielen Dank an Stine für den äusserst genussreichen Klettertag an der Holzegg. Ich komme gerne wieder mit dir an diesen herrlichen Ort – es darf einfach nicht Sonntag sein!