Mettener Butzli 2
Mettener Butzli
«Vo rächts nach links» 6b+, 7 SL
«Z’Schlänngä Unghyr» 6b, 4 SL
«Butzliläll» 6b, 4 SL
«Z’Wild Manndli» 6a, 3 SL
Wieder unterwegs mit meinem Bruder Kurt, rechne ich mit einem ausgefüllten Klettertag. Da er noch nie (!) am Mettener Butzli Hand an die dortigen Kletterfelsen gelegt hat, entscheiden wir uns spontan für einen Besuch in diesem Gebiet. Ich staune, wie viel Schnee seit meinem Besuch vor 10 Tagen verschwunden ist. Die Fahrt zum Kulminationspunkt der Schotterstrasse ist nun wieder möglich und der Zustieg zur Wand ist komplett schneefrei.
Als erstes gönnen wir uns die äusserst lohnende Route «Vo rächts nach links», welche ich dieses Jahr bereits schon detailliert beschrieben habe. Kurt geniesst den entspannten Nachstieg und klettert alle Passagen scheinbar mühelos nach. «Für was trainiere ich eigentlich den ganzen Winter, wenn das auch ohne so locker geht?» frage ich ihn lachend beim Gipfelbuch oben. Scheinbar verhält es sich beim Klettern ähnlich wie beim Radfahren: Gelernt ist gelernt und sauber Hinstehen ist bereits die halbe Miete! Beim Eintrag ins Wandbuch stelle ich belustigt fest, dass ich in diesem Jahr Roli W. mit Begehungszahlen bereits überflügelt habe (+1). Das wird sich aber wohl rasch wieder ändern…
Nach erfolgreicher Abseilfahrt schultern wir unsere Säcke und dislozieren in die grosse Nische, wo unser nächstes Ziel, die Route «Z’Schlänggä Unghyr» startet. Kurt staunt über die imposante Szenerie und kann es fast nicht glauben, dass die erste Länge nur mit 5b taxiert ist. Auch hier folgt er sehr effizient und geniesst mit sichtlicher Freude den luftigen Dachquergang und die folgende Tropflochkletterei.
Die luftige Abseilfahrt entlang unserer neuen Beal-Zwillingsseile mit 7,3 mm Durchmesser gehen wir sehr vorsichtig an. Im Tuber ist bedingt durch den glatten Seilmantel und dem erschreckend mageren Seilquerschnitt nur wenig Bremswirkung spürbar. Mit einer halben Wicklung um das freihängende, mit langen Hosen geschützte, Bein lässt sich etwas zusätzliche Reibung erzeugen. Dafür scheint die eingeknotete Sicherungs-Prusikschlinge wie gewünscht zu klemmen. Mit zunehmender Nutzungsdauer werden diese Seile dann etwas «pelziger» und gleiten nicht mehr wie der Teufel durch den Abseil-Tuber.
Kurz darauf stehen wir am Einstieg von «Butzliläll, der nächsten Route auf unserem Programm. Die Startlänge ist auch hier imponierend steil, bietet aber erstaunlich viele Griffoptionen. Von unten betrachtet sieht das Ganze nach einem Bruch- und Geschirrladen aus. Der Fels ist aber bombenfest und der wie Spritzbeton raue Kalk nagt an den Fingerspitzen. Kurt ist begeistert und geniesst auch hier die begeisternden Kletterzüge. Die zweite Länge quert tendenziell stark nach rechts und endet auf einem bequemen Band
Nun folgt die Schlüssel-Seillänge, auf der die Gesamtbewertung von 6b basiert. Die ersten Meter sind etwas knifflige Schleichpassagen, weiter oben sind dann ein paar kräftige Fingerklemmer und geschickte Fussarbeit gefragt. Der abschliessende Quergang zum Stand fungiert dann eher unter der Rubrik «Gleichgewichtsübungen Kapitel 1». Mit der verlangten Dynamik geht’s in der Schlusslänge über zwei kleine Dächer, bevor sich beim folgenden Quergang der Schlüsselgriff wie ein Haifischgebiss in die Fingerhaut frisst.
Der runde Riss kurz unter dem Stand hat mir noch nie sonderlich behagt. Diesmal bin ich aber für einen kurzen Moment komplett verdreht in diesem «Sch…-Riss blockiert. Mühsam winde ich mich aus dieser misslichen Position, rechne aber jeden Moment mit einem Abflug. Endlich ist der rettende Griff doch noch in Reichweite und das «persönliche Notenblatt» bleibt rein. Am Routenende drapieren wir unsere schön glänzenden Seile in den Abseilring und werfen die freien Enden in die Tiefe. Auch hier müssen wir konzentriert bremsen, besonders in der letzten Sequenz, wo man wieder etliche Meter frei in der Luft hinabschwebt.
Wir spüren ein bisschen Müdigkeit in den Schulterblättern, wollen aber trotzdem noch eine kurze Route anhängen. Die gemütlich scheinende Linie mit dem furchteinflössenden Namen «Z’Wild Manndli» scheint dafür prädestiniert. Einer kurz brüchig wirkenden Startphase folgt dann genussvolle Hangelei an grossen Henkeln. In der Schlusslänge folgt die Route einem etwas rundlichen Riss mit zahlreichen Bohrhaken, bevor dann der markant hervorstehende Quader, denn man zu Beginn wohl etwas skeptisch anfasst, über den steilsten Teil hinweghilft. Über T6- Gelände erreicht man das Wandbuch und den Beginn der zweimaligen Abseilfahrt links runter. Gut zwanzig Minuten später werfen wir den gesamten Plunder in den Kofferraum des Autos und tuckern müde und zufrieden über die holperige Strasse zum Biergarten in Urigen, wo uns die Abendsonne nochmals ein wenig verwöhnt. Besten Dank, Bruderherz für den intensiven Klettertag. Nun kennst auch du die Vorzüge des Mettener Butzlis!