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Suworovpfeiler

Schöllenen "Suworovpfeiler", 6c, 8 SL
Im Urner Talboden kletterte das Thermometer über 36°C. Bei dieser Hitze wollte anfänglich gar keine richtige Kletterlust aufkommen. Unser "Mittwochabend-Team" raffte sich schliesslich doch noch auf und steuerte nach kurzer Beratung Richtung Urner Oberland. In der Schöllenenschlucht fanden wir einen idealen, schattigen Ort. Den säuselnden, leichten Talwind empfanden wir dabei als sehr angenehm, zeigte die digitale Temperaturanzeige im Wagen doch immer noch 28°C an - dies auf 1300 Meter über Meer, abends um 18.30 Uhr. Verrückt!

Rasch waren wir am Einstieg oben und rüsteten und für die anstehende Riss- und Wandkletterei ein. Der markante, weisse Felspfeiler der Schöllenenschlucht, der direkt über dem Parkplatz Spränggikehr P. 1242 liegt, wurde bereits 1977 von D. Nottidge und A. Wielochowski in insgesamt drei Tagen durchstiegen. Die Route führte damals bis zum "Gipfel", was im oberen Teil eher einer botanischen Exkursion glich und hatte fast keine fix steckenden Haken. Drei Jahre später veröffentlichten H. Howald und A. Wenk den "Suworovpfeiler" als ihre Erstbegehung, obwohl sie vermutlich auf den Spuren der beiden Tschechen unterwegs waren. Im Jahr 1989 schliesslich sanierte ein Urner Team mit den Gebrüdern Zurfluh, S. Geisser und F. Planzer die Route und reinigte auch die Risse. Dabei wurde leider kein Inoxmaterial verwendet, was 20 Jahre später wieder eine "Routen-Ruine" zur Folge hatte.

Nach anfänglichem Interesse der Klettergilde flachte das Treiben am "Suworovpfeiler" wieder ab und die Risse konnten leider wieder zuwachsen. Im Sommer 2009 wurde die Route in vorbildlicher Manier von Wasi und Franz wieder aus dem Dornröschenschlaf geweckt. Die komplette Sanierung mit Inoxmaterial sorgte für angeregte Diskussionen unter den Wiederholern, steckten doch nun im breiten, ehemals cleanen Riss der zweiten Seillänge ein paar Bohrhaken. Zu Beginn war ich diesen zusätzlichen Bohrhaken gegenüber ebenfalls skeptisch eingestellt. Nach der ersten Wiederholung der Route musste ich aber eingestehen, dass diese Bohrhaken durchaus Sinn machen. Der Riss ist verhältnismässig breit und um in vernünftig mit Friends abzusichern, braucht man sicher 4 bis 5 Stück in Grössen, von denen die meisten Kletterer nicht einmal ein Stück besitzen. Mit der heutigen Ausrüstung kann man nun mit 10 Expressen und ein paar mittleren Friends sorglos in den "Suworovpfeiler" einsteigen und den schönen Fels geniessen.

Martin und Stine, meine zwei jungen Gefährten, überliessen gerne dem "alten, ortskundigen Knacker" den Vorstieg. Die erste Länge ist leider schon wieder stark zugewachsen, aber gut machbar. Als ich meine Hände in den breiten Riss der zweiten Länge steckte, strömte da wunderbar kühle Luft aus diesem Schlitz - welche Wohltat! Wie tief dieser Riss wohl in den Berg hineinzieht? Trotz der bequemen Ausrüstung mit Bohrhaken muss diese Länge immer noch geklettert werden. Im ersten Teil ist die linke Rissbegrenzung vorstehend und unangenehm nach innen gewölbt. So hilft nur das schmerzhafte Verklemmen der Füsse in dem breiten Schlitz. Weiter oben dienen ein paar kleine Absätze der Erholung, bevor kurz vor dem Stand ein Fingerklemmer zur Kette leitet. Genüsslich verfolgte ich meine jungen Kletterfreunde bei ihren Verrenkungen. Sie äusserten sich begeistert über den Stil der Kletterei.

Mit weiteren Rissen, Piazschuppen und kurzen Plattenpassagen verwöhnte uns die dritte Seillänge. Die vierte Länge ist wieder fordender, besonders ein Quergang über eine glatte Platte verlangt ein gutes Auge für die nicht offensichtlichen Minileisten, dank deren man wieder ein weiteres Verschneidungssystem erreicht. Nun wird der Pfeiler wieder steiler und die Route folgt einer logischen Linie. Ein Quergang unter einem Überhang kann mit einem weiten Zug und guter Fusstechnik gelöst werden. Der anschliessende, knifflige Steilaufschwung brachte uns wieder in eine geneigtere Zonen. Hier fädelten wir die Seile in den Abseilring, da einerseits der Rest unlohnend und grasig ist und auch die Dämmerung langsam herankroch. Nach erfolgreicher Abseilfahrt erreichten wir um 21.45 Uhr wieder unser Fahrzeug, in dem die Temperaturanzeige immer noch auf 27°C stand.
Vielen Dank am Stine und Martin für diese lässige Abendkletterei!