Teufelsbrücke
Teufelsbrücke (Schöllenen) «Stiebender Steg», 6b, 4 SL
Ein wahrlich treffender Name für diese Route! Aber alles schön der Reihe nach: An diesem Mittwochabend im Juli trafen wir uns wieder einmal für das obligate Klettertraining. Im Talgrund war es ziemlich schwül, im kühleren Oberland zeigte der Wetterradar nichts Verheissungsvolles. Was nun? Wir pokerten hoch und fuhren trotzdem mit einem gefüllten Wagen nach Andermatt hoch. Zwischen Gurtnellen und Wassen fielen ein paar Tropfen, aber in Richtung Schöllenen war es -optimistisch betrachtet - doch schon viel heller.
Bei der Teufelsbrücke der Schöllenen angelangt, empfing uns starker Wind und die Gischt der tosenden Reuss nässte uns von unten. In wenigen Minuten standen wir am Einstieg der Route, die direkt über dem Trassé der Matterhorn-Gotthard-Bahn startet. Armin und Stine bildeten ein Team, Beat und ich sollten vorneweg losklettern.
Die erste Seillänge folgt einer markanten Piazschuppe. Der Fels ist hier extrem sauber und vom vielen Schmelzwasser fast ein bisschen blank poliert. Die guten Griffe und Tritte helfen aber über diese erste Sequenz hinweg. In der zweiten, ähnlich gestalteten Länge gelangt man an den Fuss einer grossen, dunklen Verschneidung, die von weiter unter sehr unnahbar erscheint. Einmal in der Verschneidung drin, präsentiert sich diese aber als sehr gutmütig und mit grossen Henkeln gespickt. Mit ein paar Spreizschritten lässt sich das Ganze zudem sehr elegant lösen.
Als Dessert folgt in der vierten Länge eine weitere, markante Verschneidung, die leider bereits wieder etwas Botanik spriessen lässt. Beat liess sich davon nicht beindrucken, marschierte souverän durch und konnte schon bald im alten Militärpfad, der zum Bäzberg führt, Stand beziehen.
Der «Stiebende Steg» ist eine nette, leider etwas zu kurze MSL-Kletterei in einer imposanten Geländekammer. Zusammen mit meinem Bruder konnten wir 1986 die erste Begehung verbuchen, damals noch mit ein paar Schlaghaken und von Hand gebohrten Standplätzen. Im Jahr 2009 sanierte ich die Tour mit rostfreien Bohrhaken und putzte die Risse so gut wie möglich. Das Material hat die letzten 10 Jahre sehr gut überstanden. In der letzten Seillänge spriesst wieder etwas Gras (welches wohl nicht zum Inhalieren geeignet ist) aus den Rissen. Bei Zeit und Gelegenheit werde ich mal wieder eine Putzaktion durchführen, da es sich wirklich um eine lohnende Route handelt, die mehr Wiederholungen verdient.
Wir seilten über die benachbarte «Optimus» ab und bekamen immer mehr die Gischt der wilden Schöllenen-Reuss zu spüren.
Teufelsbrücke (Schöllenen) «Optimus», 7a, 4 SL
Als wir am Wandfuss die Seile abzogen, waren wir noch immer unschlüssig, ob wir einsteigen sollten. Da die Route um einiges anspruchsvoller als der «Stiebende Steg» ist und auch mehr auf Reibung angetreten werden muss, herrschten mit der feuchtenden Gischt wohl nicht optimale Bedingungen.
Einen Versuch konnte man ja trotzdem wagen. Beat übernahm die erste Seillänge, in der nach einer harten Plattenstelle, eine gutgriffige Verschneidung und schöne Wandkletterei folgen. In der zweiten Länge wartet das Filetstück der Route: In kniffliger Wandkletterei mit Seitengriffen versucht man den Beginn des markanten Bogenrisses zu erreichen. Hat man erst einmal die Hände in diesem Riss drin, folgt ein Mix aus Piazkletterei, Rissklemmern und immer wieder ein feiner Zug in der linken Begrenzungswand.
Im ober Teil, beim einzigen No-Hand-Rest dieser genialen Länge, schoss ich ein Foto vom sichernden Beat und gewahrte ein durch die Luft fliegendes Seil. Stine und Armin waren auf Abseilfahrt und warfen gerade ihre Stricke nach unten. Rasch war ich bei ihnen am Stand und freute mich auf das Wiedersehen. Nach kurzer Besprechung seilten sich die beiden wieder an und nahmen die beiden letzten Seillänge vor uns in Angriff. Beat folgte derweil durch den 7a-Riss und zeigte sich ebenfalls begeistert von der steilen Granitkletterei.
In der dritten Sequenz ist ein glatter Felsbuckel leider nur mit Hakenhilfe (1 p.a.) zu überwinden. Es folgt eine gutgriffige Verschneidung mit einem kleinen Runout (mit einem 1-Cam kann dieser entschärft werden). Als Schlussbouquet zieht die Linie über eine feine Plattenstelle in eine knifflige Verschneidung, folgt dieser, um über weitere Platten den Stand mit Podest zu erreichen. Entweder seilt man wieder über die Route ab oder wandert über den alten Militärpfad zurück zum Parkplatz, was eindeutig die lohnendere Variante ist und auch aus künstlerischer Sicht mehr zu bieten hat.
Die Route «Optimus» wurde ebenfalls 1986 von Bruno und Kurt Müller erstbegangen. Die Sanierung erfolgte zeitgleich und im gleichen Standard mit dem benachbarten «Stiebender Steg». Auch hier werde ich wohl demnächst wieder mit Pickel und Bürste eine Reinigungsaktion starten. Dies ist zwar mehr optische Kosmetik, denn das wenige Gras stört nicht und besonders die ersten zwei schwereren Längen sind auch ohne Putzerei einwandfrei zu begehen. Besonders die 7a-Länge mit dem Bogenriss zählt zu einer der besten Seillängen in der Schöllenen. Viel Spass allen WiederholerInnen!
Zum Abschluss unserer Tour marschierten wir noch über den eindrücklichen Rundweg zur alten Teufelsbrücke. Das Kernstück dieser Touristenattraktion ist ein 50 m langer Felsstollen. Im Kriegsfall, wenn die Teufelsbrücke gesprengt worden wäre, hätte dieser Stollen eine Notversorgung ins Urserental gewährleistet. Heute wandern viele begeisterte Touristen durch diesen mannshohen Tunnel und geniessen beim westlichen Ausgang einen faszinierenden Blick auf den tosenden Wasserfall und die wild schäumende Reuss.
Hier noch das «Topo» [2 042 KB] der beiden Routen, die besonders an heissen Tagen eine gute Wahl darstellen.
Nachtrag vom 10. Juli 2019
Wie bereits angetönt, habe ich heute die beiden Routen "Stiebender Steg" und "Optimus" geputzt und alle Risse so gut als möglich gereinigt. In der "Optimus habe ich zudem eine freie Variante der p.a.-Stelle in der 3. Seillänge eingebohrt. Mit einer Rechtsschlaufe (leider ein paar Schritte auf Grasband) lässt sich diese Stelle nun frei klettern, 6a, 1BH).