Freggio "Due Vie da Sola"
Freggio "Via del Veterano / Via del Pivello, 6a, 24 SL
Der schneearme Winter schafft unzählige Optionen. Mir persönlich gefiel diese trockene und niederschlagsarme Periode im vergangenen Dezember ausserordentlich. Natürlich verstehe ich auch all die Branchen, die von einem frühen Wintereinbruch profitieren. Die Natur lässt sich aber zum Glück nicht in die starren Agenden von Tourismusdirektoren und Sikfabrikanten pressen. Nutzen wir also die Alternativen, die sich bieten!
Nach einer langen und intensiven Strahlersaison hatte ich bereits wieder mit der einen oder anderen Klettertour meine fehlende Kletterpraxis aufgefrischt. So konnte ich mit meinem Bruder im Spätherbst ein paar schöne Touren am Hanibal (Furkapass) geniessen. Nun war es bereits Dezember und ein schon lange im Kopf herumgeisterndes Projekt wollte noch realisiert werden...
Die langen und eher gemässigten Routen in den Platten von Freggio lockten mich zu einem Alleingang ins sonnendurchflutete Tessin. Gerade wenn die Tage so wenig Lichtstunden hergeben, ist man als Sologänger viel effizienter unterwegs. Aus diesem Grund nahm ich auch nur einen kleinen Bike-Rucksack mit und hängte mir den Magnesiabeutel um den Bauch.
Ruhig und in Gedanken versunken stieg ich die wenigen Minuten zum Einstieg hoch. Voll konzentriert schnürte ich meine Finken, horchte noch einmal in mich hinein und stieg die ersten Meter über glatte Platten hoch. Schon bald stimmte mein Rhythmus und das anfänglich zögernde Hochsteigen wandelte sich zu einem angenehmen Kletterfluss. Da ich die beiden parallel verlaufenden Routen in diesen Plattenschüssen gut kannte, versuchte ich die schönsten Kletterstellen zu nutzen. So wechselte ich immer wieder von der "Veterano" in die "Pivello". Weit und breit war kein Mensch zu sehen. Kein Wunder - es war schliesslich Dezember und ein normaler Arbeitstag.
Rasch erreichte ich den langen Quergang der "Veterano", die sich trotz langer Trockenperiode ziemlich nass präsentierte. Allerdings fand ich immer wieder trockene Streifen, die ein Stehen auf Reibung erlaubten.
Bei Routenhälfte besteht die Möglichkeit zum Aussteigen. Da ich mich bis anhin sehr wohl gefühlt hatte, stieg ich weiter. Der obere Teil ist weniger lohnend, bietet aber immer noch ein paar hübsche und feingriffige Kletterpassagen. Leider wächst hier das Gras schneller, als es von den Kletterfinken und magnesia-weissen Händen zurückgestutzt wird. Verbunden mit der da und dort präsenten Nässe musste ich mich extrem konzentrieren, um nicht unverhofft auf dieser glitschigen Komposition "Gras-Wasser" auszurutschen. Die Schlusslänge der "Pivello" war dann komplett nass, was mich ohne Diskussion - mit wem auch? - zur "Veterano" wechseln liess.
Auch hier war der Ausstieg heikel, da zum Gras-Wasser-Gemisch noch eine Prise braunfarbene Tannennadeln hinzukam, welche die ohnehin gute Lubrikation deutlich steigerte. Erleichert sass ich kurz danach auf einem Baumstrunk und genoss nach anderthalb Stunden höchster Konzentration die wohltuende Entspannung und tiefe Zufriedenheit. Schon bald machte ich mich auf den Abstieg und wählte dabei den weiten Umweg, der mich schliesslich zur "Strada Alta" brachte. Zurück bei der Kapelle von Freggio legte ich mich an die Sonne und genoss meinen wohlverdienten Mittagsschlaf.