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Schwarzbrunnenfluh

Schwarzbrunnenfluh
„Ds Traugottli“ 6c, 9 SL
Fährt man von Guttannen Richtung Grimselpass, erblickt ein aufmerksamer Beobachter kurz vor dem Tunnel Handegg rechts oben einen markanten Felspfeiler. Dieser als Schwarzbrunnenfluh betitelte Granitfinger wurde bereits 1974 von der bekannten Strahlnerlegende Ernst Rufibach erstmals begangen. Der Bergführer aus Guttannen war auch vis-à-vis an der Mittagfluh tätig und meisterte als erster die dortige Südkante. Die alte Route an der Schwarzbrunnenfluh bekam 1995 durch ein Team um Jürg von Känel ein Facelifting und wurde in der Folge als „Ds Traugottli“ betitelt. Links davon wurde drei Jahre später „S’Blunschli“ eröffnet. Weitere Versuche folgten, unter anderem eine Variante zur Route „Ds Traugottli“, die im Remy-Stil mal links und dann wieder rechts hochzieht und fast durchwegs die gleichen Stände benutzt.

Seit einem verheerenden Felssturz an diesem Massiv, der im Jahre 2010 sogar die Passtrasse verschüttete, waren nur noch vereinzelte Begehungen zu verzeichnen. In den neueren Ausgaben der Plaisierführer verschwand die Schwarzbrunnenfluh gänzlich. Gemäss Recherchen im Internet wurde die Route nach dem groben Felssturz wieder saniert und als lohnend taxiert. So wollten wir selber vor Ort einen Augenschein nehmen und führen frohgelaunt ins Haslital. Mit von der Partie waren Sabine, die bereits einmal die Route geklettert hatte, und mein Bruder Kurt. Ursprünglich wollten wir zwar an der Grimselfluh die „Chopper“ klettern, da die Sonne dort erst spät auftaucht, war angesichts der latenten Bisenlage eine Ostwand aber sicher die bessere Entscheidung.

Der Parkplatz war noch leer, als wir unsere Rucksäcke schulterten und durch das Geröllcouloir an den Wandfuss hochstiegen. Die Spuren des Bergsturzes waren 10 Jahre später noch präsent und erschwerten den Aufstieg. Weiter oben kamen schliesslich zarte Wegspuren zum Vorschein, die uns direkt zum Einstieg führten. Der Routenverlauf war schnell ersichtlich und versprach optisch schon einen Genuss. Tatsächlich steckten in angenehmen Abständen die Silberlinge, ab und zu wären auch Schlitze für Klemmgeräte vorhanden. Die Risskletterei in den ersten beiden Längen ist gar nicht so banal und erfordert doch etwas Konzentration. Im Mittelteil wird es dann unverschämt griffig und man klettert entlang der Bohrhaken stark linkshaltend die steile Wand hoch. In der 6. Seillänge folgt kurz nach dem Stand eine fragile Passage über vermeintlich lose Schuppen, die wir wie rohe Eier anfassten. In diesem Abschnitt sind fast alle Bohrhaken durch Steinschlag traktiert worden, liessen sich aber ausnahmslos noch klinken. In der folgenden Länge, wo man zuerst unter einem Dach nach rechts quert, war wieder eine äusserst labil aussehende Schuppe zu betatschen. Ich hielt mich so gut als möglich links der Schuppe und wäre über ein knirschendes Abgleiten der selbigen gar nicht mal so erstaunt gewesen. Wahrscheinlich hätte diese Schuppe aber die beiden Zwillingseile unter mir getroffen – eine eher unangenehme Vorstellung!

Weiter oben folgten dann wieder perfekte und solide Felsstrukturen. Die Schlüssel- und zugleich Schlusslänge gemäss Topo unterteilten wir in zwei Abschnitte und konnten so unangenehmen Seilzug vermeiden. Der letzte Bohrhaken in der Verschneidung wird am besten wieder ausgehängt, wenn man den guten Zapfen in Händen hält. Die folgende, mit einem Aufleger gespickte Crux, verlangt kurz etwas Einsatz, der Rest ist dann wieder gemütlich zu klettern. Im oberen Teil verspürten wir immer wieder Regentropfen im Genick, konnten aber am Himmel absolut keine Wolken erkennen. Des Rätsels Lösung: Der benachbarte Bach wurde von der aufkommenden Bise extrem verwirbelt und sendete seine Gischt über uns. Der Fels blieb dank der Sonneneinstrahlung aber trocken.

Auf der Abseilfahrt, bei der durchaus mit groben Seilverhängern gerechnet werden muss, begutachteten wir die Route „S’Blunschli“, die wir als nächstes auf dem Programm hatten. Da zahlreiche Bohrhaken stark malträtiert sind und bei einem Stand nur noch ein stark zerschlagenes Exemplar steckt, verzichteten wir auf eine Begehung. Zumal der Sprühregen an Intensivität zulegte. So stiegen wir ab und fuhren wenige hundert Meter hoch zur Handegg, wo weitere lohnende Routen warteten. Vielen Dank an Sabine und Kurt für die genussvolle Klettertour. Auf ein nächstes Mal!