Laurinwand
Laurinwand ob Gersau, Klettergarten, 5c - 6c
Über die verschiedenen Klettermöglichkeiten oberhalb von Gersau habe ich auf dieser Website schon öfters berichtet. Das "Sunnäplättli" und die "Sattelflüe" bieten lohnende Klettereien in bestem Kalk. Beim Stöbern im Tourenportal des SAC ist mir kürzlich ein weiterer Klettergarten ganz in der Nähe aufgefallen: die Laurinwand am Rande des Totenlauizugs. Anders als bei den erstgenannten Gebieten erreicht man hier die Routeneinstiege durch Abseilen oder durch einen teilweise mit Drahtseilen gesicherten, etwas anspruchsvollen Abstieg.
Der Zugang erfolgt, genau wie beim "Sunneplättli" vom Cholerboden, wo nur beschränkt Parkplätze entlang der Strasse zu finden sind. Man folgt der Naturstrasse nach Föhnenberg (Fahrverbot) zu Fuss bis kurz vor den Totenlauizug, wo die Strasse einen markanten Knick macht und wenige Meter abwärts führt (ca. 50m vor der kleinen Lawinengalerie). Beim Strassenknick steht rechterhand ein markanter Felsklotz. An der nördlichen Bergrenzungswand von diesem Felsen entdeckt man, hinter einem Baum etwas versteckt, vier Eisenbügel, über die man steil absteigen kann und nach wenigen kurzen Serpentinen einen schmalen, aufgeschütteten Platz erreicht.
Hier startet die erste Route "Ukulele". Direkt unter dem Plätzchen stecken die hochmodernen Inox-Standplatzplatten, an denen man über die untere Wand abseilen kann (30 m). Alternativ kann man vom Plätzchen auch links auf Wegspuren durch steiles Gelände absteigen und erreicht ein Stahlseil und Eisenbügel, welche an den Fuss der unteren Wand führen. Wir wählten diesen etwas heiklen Fussabstieg und erreichten wohlbehalten das erste Podest, wo die ersten drei Routen starten. Der Fels sieht sehr einladend aus und die geklebten Inox-Bügel lassen den Routenverlauf gut erkennen. Bereits in der ersten Linie ganz rechts aussen überzeugte uns die Art der Kletterei. Der griffige, teils messerscharfe und senkrechte Fels bietet hier viel Abwechslung. Die Schwierigkeiten liegen meist bei kurzen Einzelstellen, die aber zwingend geklettert sein müssen. Die Abstände der Bohrhaken sind vernünftig gesetzt. Die geklebten Bügel stecken aber meist vor oder nach den Schlüsselstellen, d.h. der angegebene Schwierigkeitsgrad ist obligatorisch zu meistern. Die Bewertung ist ehr "old-school" und damit hart ausgefallen. In Verbindung mit den teils unübersichtlichen Aufschwüngen und kurzen Überhängen ist man bei den Onsight-Ambitionen doch schon recht gefordert.
Beim Einstieg in die zweite Route wäre unser Klettertag dann um ein Haar rasch beendet worden: Eine kleine Schuppe zerbrach in meiner Hand und liess mich mit voller Wucht rückwärts auf das schmale Podest knallen. Der erste, tief steckende Bohrhaken war zwar bereits geklinkt und die Selbstsicherung von Kurt hätte einen kompletten Seilschaftsabsturz verhindert, aber der Aufprall war trotzdem heftig. Der Rücken schien zum Glück in Ordnung zu sein, aber seine Verlängerung schmerzte noch am Abend im Bett. Dies zeigt wieder einmal, wie heimtückisch die ersten Klettermeter einer Route sein können. Der Adrenalinspiegel war rasch wieder auf normalem Niveau. Weiter gings mit Klettern an fantastischen Strukturen! Nach den ersten drei erfolgreich durchstiegen Routen, die uns alle bestens gefielen, wechselten wir dank Stahlseil und Eisenbügeln nach links auf's nächste Podest rüber. Hier starten wieder drei Routen, die in ähnlichem Stil 30 Meter durch die steile Wand führen. Immer wieder versperrt ein kleiner Überhang den Weiterweg, mittlerweile aber hatten wir uns an die Art der Kletterei gewöhnt.
Im linken Wandteil sind die Routen eher athletisch und verlangen ab und zu einen beherzten, weiten Zug. Generell werden eher kleingewachsene Menschen hier etwas erhöhte Anforderungen zu meistern haben, da auch die Sicherungspunkte oft vom letzten guten Tritt weit zu klinken sind. Wir kletterten fast alle acht lohnenden Routen in der unteren Wand und stiegen dann mit dem gefüllten Rucksack im Toprope-Modus auf das obere, schmale Podest hoch. Hier gönnten wir uns noch zwei weitere Routen des oberen Sektors. In der Rinne, die stahlseilgesichert ein Verschieben zu den einzelnen Einstiegen erlaubt, liegt aktuell viel loses Geröll. Trotz erhöhter Aufmerksamkeit und aller Vorsicht kullerte immer wieder ein Stein über die untere Wand. Wenn also im oberen Teil jemand klettert, möchte ich nicht unbedingt im unteren Wandteil tätig sein.
Bald verschwand die Sonne um das Eck: Zeit für den Aufbruch! Wir steigen über die Eisenbügel zur Strasse hoch und bestiegen den markanten Felsblock zwecks Verzehr der mitgebrachten Speisen. Hier schien die Sonne noch angenehm warm und der Blick auf den Vierwaldstättersee war schlicht beeindruckend. Nebenbei entdeckten wir auch einen Abseilstand, d.h. man könnte auch von hier direkt in die Wand abseilen, braucht dann aber sicher 40 oder sogar 50 Meter lange Seile um direkt in den unteren Sektor zu gelangen. Mit 30 Meter ist der obere Sektor aber problemlos zu erreichen, wo weitere Abseilstände montiert sind.
Entlang der Naturstrasse spazierten wir zurück zum Cholerboden, fuhren gemütlich runter nach Gersau und gönnten uns im Dorfladen ein kühles Bier. Besten Dank an meinen Bruder für den spannenden Klettertag und die ausgezeichnete Sicherungsarbeit. Bei meinem harten Bodensturz konntest du absolut nichts dafür, deshalb immer wieder gerne auf ein Neues!