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Wildhuser Schafberg

Wildhauser Schafberg
„Blues in my shoes“ 7a, 6 SL
«Sandy in the moon» 6b+, 6 SL
Im Urnerland tobte wieder einmal der Föhn und rüttelte an Fensterläden und Dachziegeln. Keine idealen Bedingungen für Klettertouren in den heimischen Kalk- oder Granitwänden! Beat hatte die zündende Idee und schlug einen Besuch am Wildhuser Schafberg vor. Dort soll es gemäss Angaben im Netz auch bei starkem Föhn noch einigermassen kletterbar sein. Bedingt durch die eher lange Anreise von 2 Stunden starteten wir um 6 Uhr und düsten via Sattel, Walensee und Rheintal nach Wildhus.

Eigentlich wollten wir mit der Seilbahn Gamplüt den Zustieg etwas verkürzen, die Bahn nahm aber erst um 8.30 Uhr den Betrieb auf. So schulterten wir die Rucksäcke und stiegen von der Talstation durch das enge und steile Tobel hoch zur Alp Fros. Den idealen Abzweiger zum Wandfuss fanden wir nicht und querten daher wohl zu früh über die Alpweide auf direktem Weg und der Nase nach zur Wand, wo wir schliesslich in das gut sichtbare Weglein hineinstolperten. Schon bald querte dieser Pfad unter die steilen Kalkfluchten - wir schienen richtig unterwegs zu sein.

Allerdings verpassten wir erneut den unscheinbaren Abzweiger beim roten Punkt und querten viel zu weit über das gepfadete Band in die Wand hinaus. Dies war nicht weiter schlimm, konnten wir doch so all die Klettergartenprojekte begutachten, die in diesem Wandriegel in Arbeit sind. Nach der Korrektur dieses „Verhauers“ ging es endlich über das schmale und luftige Felsband, welches den Zugang zum oberen Wandteil vermittelt. Hier fanden wir rasch den richtigen Einstieg und fragten aber sicherheitshalber die in der 1. Seillänge agierenden Kletterer, in welcher Route sie unterwegs seien. Die Antwort war eindeutig: „Sandührliweg“! Die startet zwar am gleichen Ort wie „Blues in my Shoes“, zweigt dann aber links ab. Ach wie schön, dass auch andere Leute den Weg nicht immer auf Anhieb finden…

Beat packte nach kurzem Imbiss den Bund Expressschlingen und machte sich startklar für die erste Länge. Wir waren verblüfft von der doch ordentlichen Steilheit und der kompakten Felsstruktur. Einmal in der Wand drin, zeigten sich aber immer wieder versteckte Löcher und Leisten, so dass unsere Aufwärmrunde nicht zum totalen Fiasko wurde. Den ersten Stand bezog Beat auf einem breiten Grasband, von welchem aus er eine gute Übersicht über die folgende Schlüssellänge hatte. Dieses arschglatte und ebenfalls ordentlich steile Plattenstück sah von weitem absolut unkletterbar aus. Nun, die sichtbaren Haken steckten beruhigend eng und irgendwie sind ja da schon andere Seilschaften hochgekommen.

Direkt vor Ort erkannte ich feinste Dellen und Mulden, die einen freien Durchstieg erst möglich machen. Nach ein paar wirklich feinen und wackligen Aufstehern kommen weiter oben wieder etwas bessere Griffoptionen. Insgesamt eine wirklich geniale Sequenz an der Grenze der Haftreibung. Auch Beat zeigte sich erfreut über diese Länge. Etwas mehr Sorgen bereitete ihm die nun folgende Aufgabe. Ein „fetter“ Wasserstreifen zwischen dem zweiten und dritten Bohrhaken sah wenig verlockend aus, aber vielleicht konnte man ja ein bisschen ausweichen. Auch hier löste sich das Problem direkt vor Ort besser als erwartet. In der vierten Länge kamen wir in deutlich kompaktere Wandzonen, die Anzahl der Grasbüschel und Vegetationslöcher nahm markant ab. Diese Länge war erneut sehr lohnend und beinhaltete variantenreiche Kletterzüge, gespickt mit vielen Aufstehern.

Nun durfte Beat nochmals alle Register im fünften Teilabschnitt ziehen. Souverän stieg er über die seichten Wasserrillen und Dellen-Passagen hoch zum Stand. Mir war noch die Schlusslänge gegönnt, die wieder etwas botanischer umrahmt war, aber komplett in gutem Fels verläuft. Zufrieden über den gelungenen Durchstieg seilten wir direkt ab und kreuzten dabei nachfolgende Seilschaften in den Nachbarrouten. Dank dem engen Routennetz kann man aber problemlos den „Corona-Abstand“ einhalten und je nach dem die Standplätze einer anderen Route anvisieren.

Am Wandfuss war eine Stärkung hochwillkommen und auch der Durst wollte gelöscht werden. Schon bald aber packten wir unsere Seile und querten unter der Wand nach rechts: „Sandy in the moon“ war als nächstes Ziel erkoren worden. Die erste Länge ist der „Blues..“ sehr ähnlich und führt auf das gleiche Grasband hoch. Da wir keine zusätzlichen Sicherungsmittel dabei hatten, gab es kurz einen etwas sportlichen Hakenabstand zu bewältigen. Diese Passage ist aber gutgriffig und eher ein mentales Problem. Vom Band führt eine Graslänge zum oberen Wandteil, der sehr verlockend wirkte. Tatsächlich entpuppte sich die Kletterei als sehr lohnend, aber auch hier musste ohne Camalots und Keile eine hakenarme Strecke kühl durchstiegen werden.

Die nächste Länge bot noch mehr Genuss und führte über fantastische Kalkformationen. Das Hochtänzeln über die Wasserrillen machte gewaltig Spass. Im Vergleich zur „Blues..“ ist hier die Bewertung eher hart ausgefallen. Vielleicht waren wir auch schon langsam müde von der wadenlastigen Kletterei. Die letzte Länge forderte noch einmal Einsatz und war wirklich erst am Stand oben ganz sicher „im Sack“.

Wir freuten uns mächtig über die gelungenen Begehungen dieser zwei sehr lohnenden Routen, wobei uns „Sandy..“ eine „Mü“ besser gefallen hat. Diesen klitzekleinen Pluspunkt hat sie dank den drei letzten Längen gewonnen. Die Absicherung ist bei beiden Routen fair und vernünftig, in der „Sandy..“ sollte man evtl. ein paar Camalots dabei haben, um entspannter vorsteigen zu können.

Wir machten uns auf den Abstieg, schraubten beim etwas heiklen Quergang nochmals am Konzentrations-Regler und liessen uns diesmal per Seilbahngondel ins Tal bringen. Beim Biertrinken in Wildhus unten, öffneten sich plötzlich die Himmelsschleusen und entliessen einen zünftigen Platzregen. Uns konnte das nicht mehr arg beeindrucken. Vielen Dank an Beat für die gute Idee und das tolle Teamwork. Mit dir ist es immer spannend unterwegs zu sein! Ebenfalls herzlichen Dank den Erstbegehern und Sanierern dieser zwei tollen Routen. Ihr habt perfekte Arbeit abgeliefert! Chapeau!