Pizzo di Valletta
Pizzo di Valletta
Sanierung der Route "La Mano" 6c, 4 SL und
"Mister Quarz" 5c, 4 SL
Westlich vom Gotthardpass, im lieblichen Tal der Valletta, lockt ein Granitklotz mit genussreichen Routen. Anfangs der neunziger Jahre entdeckte ich mit Hans Zgraggen und meinem Bruder Kurt dieses Kleinod. In den folgenden zwei Jahren begingen wir acht neue Routen, die aber nur teilweise Einzug in die Führerliteratur fanden.
Später zwängte ein Team der Alpinen Kampfschule Andermatt, sowie eine Gruppe um Jürg von Känel mit der "Via Curzio", resp. der "Via Enrica" je eine neue Linie in das sonst schon dichte Routennetz. Die vorher völlig eigenständigen alten Kletterwege wurden gekreuzt oder wiesen nun ein paar gemeinsame Klettermeter mit den neuen Routen auf. Schade...
Seit einiger Zeit sind wir nun daran, die Routen zu sanieren und natürlich auch da und dort zu begradigen. Damals verwendeten wir zwar teilweise schon rostfreie Laschen, die wir aber mit Schlagschrauben in den Fels droschen.
Ganz übel sehen heute, mehr als 25 Jahre nach der Montage, die Laschen der Firma "Cassin" aus. Sie waren schon nach zwei Jahren rostig und beim Klettern fast nicht mehr erkennbar.
Alle meine Kollegen waren an diesem Sonntag irgendwie verhindert. Darum stieg ich ganz alleine mit schwerem Rucksack zum Wandfuss hoch. Mein Tagesziel war die Sanierung der "La Mano", die im oberen Teil einen fantastischen Finger- und Handriss bietet.
Der Riss schaut noch immer genial aus, allerdings musste ich ziemlich schwitzen, bis ich mit dem ganzen Material auf dem Gipfel oben war und endlich abseilend an die Arbeit gehen konnte.
Die zwei alten "Cassin"-Laschen, die wir damals neben dem Riss platzierten, habe ich komplett entfernt und auch nichts Neues mehr gebohrt. Der Riss ist so schön zum Selberlegen, da musste ich einfach diese ehemalige Todsünde aus der Welt schaffen.
Weiter unten in der Seillänge, wo es zuerst durch eine Verschneidung und kurz über eine Platte hoch geht, habe ich natürlich wieder neue Haken gesetzt und sämtliche Standplätze zum Abseilen eingerichtet.
Das verwendete Inoxmaterial sollte nun diesem rauhen und sauren Klima wohl länger trotzen. Für die Ewigkeit ist es sicher nicht, wenn man ja bedenkt, das unsere Alpen aus Gestein bestehen, welches zuvor schon zweimal erodiert und wieder zu einem Gebirgsstock aufgestossen wurde. Da ist die Geschichte der Menschheit nur ein Furz in den Föhnsturm.
Meine Maschine leistete heute hervorragende Arbeit und die 10mm grossen Löcher waren dementsprechend rasch gebohrt. Mehr Aufwand gab das Entfernen der alten Schlagschrauben, die ich oft nur durch Anbohren überhaupt lösen konnte. Einen Sturz hätten die wahrscheinlich noch sehr lang gehalten...
Der Handriss der "La Mano" sieht schon von unten sehr verlockend aus. Für eine Begehung müssen zwingend Friends mitgenommen werden, ausser man klettert auf dem Niveau von Alex Honold, der wahrscheinlich auch die fix montierten Abseilstände nicht benutzen würde und den Riss "free-solo" zurücksteigen würde.
Um 13 Uhr war ich fertig mit der Sanierung von "La Mano" und fing deshalb gleich mit der nächsten Route an. "Mister Quarz" ist mit 5c+ eine der einfachsten Linien. Ich habe sie aber bewusst sehr gut nachgerüstet, damit auch schwächere Kletterer hier oben etwas zum Geniessen haben. Allerdings fehlt noch die Sanierung der letzten Seillänge. Punktgleich mit der letzten Ampère-Sekunde, die mein Akku hergab, konnte ich auch den letzen Bohrhaken, den ich heute hochgeschleppt hatte, setzen. Das nennt man perfektes Timing! Leider war ich dabei aber erst am Stand der dritten Seillänge. Den Rest werde ich so rasch als möglich einrichten...
Und weil der Tag so perfekt verlief, hatte ich beim Abstieg gerade das Auto erreicht, als Petrus kurz die Schleusen des Himmels öffnete. Unten an der Passstrasse herrschte reger Sommerverkehr. Wie schön war es doch oben in der Valletta gewesen. Das Bier genoss ich dann in Andermatt in einer trockenen Gartenbeiz. So sollte es doch immer sein...
Ein kleiner Nachtrag:
Wenn die Bewertungen allenfalls etwas abweichen sollten, könnte auch die "beste Armee der Welt" daran schuld sein. Ueli Maurer's Infanterie schiesst ab und zu ins Gebiet und sorgt in der Wand für neue Griffe und Tritte. Der Schiessbetrieb ist aber mitterweilen markant reduziert worden. Geschossteile liegen aber noch immer massenhaft herum...