Sandbalm "Cristallo"
Sandbalm "Cristallo", 7a, 10 SL
Die "Cristallo" an der Sandbalmfluh wurde bereits 1980 von Franz Thalmann und Theo von Atzigen erstbegangen. Dies war nur dank der neu entwickelten Kletterfinken mit profillosen Sohlen möglich geworden. Für die damalige Zeit war die Eröffnung ohne Zweifel eine glanzvolle Leistung.
Die Absicherung war damals relativ weit und die Bohrhaken wurden noch in mühsamer Handarbeit gesetzt. Zwölf Jahre danach erfolgte eine erste Sanierung und später auch eine nach rechts führende Erweiterung bis zum Ende der 400 Meter hohen Fluh. Weitere Sanierungen folgten in den ersten Jahren dieses Jahrtausends, aber nur bis zum 6. Standplatz.
Vor etwa fünf Jahren nahmen Ruedi Bunschi, Kurt Müller und Richi Walker einen nächsten Anlauf, der aber in der 10. Seillänge mangels Akkukapazität gestoppt wurde. Nun hängen dort oben ein Bündel Bohrhaken und ein paar Standplatten, die für den restlichen, direkten Weg bis zum Top vorgesehen sind.
In der vergangenen Woche stiegen Beat, Kurt und ich nach Feierabend wieder einmal hoch zum Einstieg und wollten einen Augenschein vor Ort nehmen. Erstaunt erblickten wir am Einstieg einen vierten Mann, der gerade seine Seile auslegte. Wie wir aus dem Gespräch erfahren durften, handelte es sich dabei um Dominik Thalmann, den Sohn des Erstbegehers, der die Route im Alleingang, gesichert durch ein modifiziertes GriGri angehen wollte. Freundlicherweise liess uns Dominik den Vortritt, was Beat augenblicklich zum Start in die glatten Platten veranlasste.
Wegen der langen Trockenheit im Vorsommer lag immer noch viel dürres Gras, Dreck und auch faustgrosse Steine auf den ersten Plattenmetern. Der Genuss war daher deutlich gemindert. Weiter oben wurde es besser, aber man musste stets hoch konzentriert auftreten und immer auf saubere Schuhe achten. Während der Schneeschmelze rinnt sehr lange Wasser über die Route und schwemmt so alles Material aus der Wand in die Risse und Vertiefungen. Nach intensiven Regenfällen oder spätestens im Herbst sollte die Situation aber besser sein.
Schon bald folgte mit der vierten Seillänge die erste schwerere Passage, die leider auch ziemlich verschmutzt war. Beat meisterte sie aber souverän und führte uns sicher durch den Plattenschuss hoch. In der siebten Seillänge bohrte Ruedi Bunschi anlässlich der Sanierung eine Direktvariante ein, die ziemlich fordernd daherkommt. Vom dritten Haken muss an einem abdrängenden Riss mutig weggeklettert werden. An einer Stelle lässt sich aus unbequemer Position noch ein zweifelhafter Camelot legen, sonst ist diese Stelle aber zwingend zu klettern.
Die schwerste Stelle folgt dann unmittelbar zwischen den nächsten zwei Bohrhaken. Auf kleinsten Unebenheiten muss etwas rechts der Haken hochgestiegen werden. Diese Stelle empfand ich etwa gleich schwer wie die Route "Monchichi" an der Kompressorwand, die dort als Klettergartentour mit 7a+ bewertet ist. Allerdings könnte man diese Stelle auch A0 bewältigen, stecken doch die zwei Haken relativ nah zusammen. Nach dieser Schlüsselstellen-Variante befanden wir uns wieder auf der Originallinie, die uns mit der Länge Nr. 8 an den Fuss der grossen Verschneidung Originalroute) brachte.
Die Verschneidung selber sah ziemlich botanisch aus und ein kleines Rinnsal machte die Sache auch nicht verlockender. Nach dieser "Rampferei" zweigt rechts wieder die frisch eingebohrte, direkte Linie von Ruedi Bunschi ab, die wie erwähnt ab der 10. Seillänge auf die Vollendung wartet. Wir seilten von dort ab und trafen am siebten Standplatz aug Dominik, der eben die Schlüssellänge gemeistert hatte. Gratulation zu dieser tollen Leistung.
Diese Stelle hätte ich im gesicherten Alleingang nicht unbedingt klettern wollen. Ein allfälliger Sturz im Riss ist schon bei einem sehr aufmerksamen Seilpartner kein "Zuckerschlecken", nur gesichert mit dem GriGri braucht es da schon gutes Selbstvertrauen: Chapeau! Angesichts des fortgeschrittenen Abends entschloss sich auch Dominik für die Abseilfahrt, da wir ihm die folgenden botanischen Längen wirklich nicht empfehlen konnten.
Am Einstieg unten diskutierten wir noch ein bisschen über den Sinn einer Fertig-Erschliessung bis ganz oben: Angesichts der üppig wuchernden Vegetation würde es wohl sehr viel Aufwand bedeuten, die Route sauber zu kriegen. Nach ein paar Jahren spriesst das Grün wieder erneut aus den Rissen und der Schmutz zu Beginn des Sommers ist ein jährlich wiederkehrendes Problem in dieser Route.
Schade, bei sauberen Verhältnissen wäre die Route sehr lohnend und besitzt auch eine respektable Länge. Vielleicht gibt es ja doch noch ein glückliches Ende, falls Ruedi mit seinen anderen Projekten zum Abschluss kommt. Wir werden sehen, was die Zukunft bringt und sicher in diesem Blog darüber informieren.
Herzlichen Dank an Beat, Kurt und Dominik für den genussvollen Kletterabend an der Sandbalmfluh. Ein Dankeschön auch an die zahlreichen Sanierer der "Cristallo" und natürlich auch an das furchtlose Erstbegeher-Duo, die bereits 1980 diese Linie eröfnneten.