10. Mai 2017
Punta Macao "Aïoli bar", 5c, 3 SL
Pilastru di l'Alba, 6b, 6 SL
Da uns am Vortag sowohl die Punta Macao, wie auch der Pilastro di l'Alba sehr gut gefallen hatten, pilgerten wir nochmals dahin. Während Christoph und Walti die "Occitanista" kletterten, stiegen Verena und ich in die benachbarte "Aïoli bar", welche vergnügliche Kletterei über Platten, Verschneidungen und natürlich Tafoni versprach.
Nach erfolgreichen Durchstieg und gelungener Abseilfahrt, traf am Wandfuss nun auch Hans zur Truppe. Unser Plan war, zu viert den kompletten Pilastru di l'Alba zu klettern. Verena klinkte sich aus und übernahm den Job als Fotografin. Voller Freude stieg ich dann als Erster in den bereits bekannten Vorbau am Pilastru. Ich wusste ja, welcher Klettergenuss mich hier erwartet. Meine drei Freunde waren zur gleichen Zeit höchst gespannt, welches Juwel ich da am Vortrag "entdeckt" hatte.
In der Tat erklangen schon bald die ersten Freudenjauchzer und die Begeisterung schlug auch auf meine drei Gefährten über. Die kurze Abseilfahrt nach Erreichen des Vorbau-Gipfels in die Scharte hinunter verlief problemlos.
Nun standen wir also am Fuss der Hauptwand und blickten in ein Meer von Tafoni über unseren Köpfen. Wie genial ist denn das! Bevor wir allerdings selber die Hände in diese wundervollen Löcher versenken konnten, mussten wir einer anderen Seilschaft, die sich gerade am Einstieg ins Kletter-Geschirr warf, den Vortritt lassen.
Die mit 6b bewertete erste Länge an der Hauptwand führt zuerst über eine plattige Stelle, die mit drei Bohrhaken gesichert ist. Wären diese Silberlinge nicht mit "fuchsroten" M8-Schrauben in den Fels verankert, könnte man da wohl recht entspannt hochsteigen. Durch zahlreiche Sanierungen von alten Kletterrouten kann ich mittlerweile ein wenig beurteilen, was diese Rostgurken noch halten: Ganz klar war hier ein Sturz absolut verboten!
Nach 10 Metern fing schliesslich der Tafoni-Zauber an, was es mir auch erlaubte, verlässlichere Zwischensicherungen zu legen. Ein Quergang an Untergriffen führte zur nächsten Löcher-Reihe. Immer wieder war eine Schlinge gefädelt, welche ich je nach Zustand durch ein eigenes Schlauchband ergänzte. Es war nun ein absoluter Genuss, durch diese phänomenale Felsarchitektur zu steigen.
An einer grossen Sanduhr richtete ich mich schliesslich ein und liess Christoph nachsteigen. An seinem Gesichtsausdruck konnte man problemlos erkennen, wie auch ihn diese Länge zu begeistern vermochte. Und der Weiterweg sah noch besser aus!
Der Weg durch den Löcher-Garten war natürlich gegeben und entpuppte sich als wahre Genuss-Orgie. Die teils extrem fragilen Strukturen verlangten aber ein Klettern mit Bedacht. So knirschte es ein- zweimal ziemlich verdächtig unter den Sohlen, als ich den Fuss voll belastete. Leider war dieser Tafoni-Traum nicht endlos zu geniessen und viel zu schnell vorbei. Wir erreichten einen Felspfeiler, den man andernorts wohl als lohnend bezeichnen würde. Nach diesen zwei perfekten Längen, kam uns der Pfeiler aber langweilig und fad daher.
Eine letzte, einfache Länge noch, und ein paar Minuten Gehgelände später, standen wir am Gipfel und liessen die herrliche Kletterei Revue passieren. Das war jetzt wirklich eine absolut faszinierende Tour gewesen. Vielen Dank an Christoph, Martin und Hans für die perfekte Zusammenarbeit. Nach diesem wunderbaren Erlebnis schmeckte das korsische Bier am Abend noch besser als gewohnt.