Sasso Torrasco "Er Caraà del Lüuf"
Sasso Torrasco "Er Caraà del Lüuf" 6c, 11 SL
Etwas versteckt in der tief eingeschnittenen Valle di Sementina liegt der Sasso Torrasco, ein Ensemble von Platten und Felstürmen. Dank der Seilbahn, die von Monte Carasso nach Mornera führt, gelangt man zudem recht bequem an den Einstieg dieser langen, etwas alpin angehauchten Route mit dem zungenbrecherischen Namen.
Die Bewertung der Route mit 6c ist eigentlich ein Witz! Etwa 99 Prozent der ganzen Linie sind nirgends schwerer als 6a. Einzig auf den letzten 30 Metern wurde in völlig unlogischer Weise eine glatte Platte erbohrt, die man links und rechts locker zu Fuss umgehen kann.
Im Wesentlichen handelt es sich aber um eine durchaus reizvolle Route mit herrlichen Tiefblicken auf das Bellinzonese. Von Mornera (1347m) folgt man dem Wanderweg zur Capanna Albagno. Nach ca. 15 Minuten zweigt kurz nach einem kleinen Badesee, der Weg links in die Valle di Sementina ab. In weiteren 15 Minuten erreicht man nun auf dem schwach abfallenden Weg den Fuss des Sasso Torrasco.
Die Route beginnt direkt über dem Weg, ca. 20 Meter vor einem Wasserhydrant. In der ersten Seillänge erfährt man gleich, was in etwa der verlangte Level für die ganze Route ist. Die Bewertung ist aber eher auf der harten Seite und die feinen Tritte verlangen eine gute Technik. Vom ersten Stand muss man dann ca. 20 Meter über ein Grasband nach rechts queren, wo es mit schön strukturiertem Fels weiter geht.
Solch eine Lauf- und Graspassage wird während einer kompletten Begehung noch weitere zweimal vorkommen. Letztere artet nach 5 Seillängen gar zu einem veritablen Fussmarsch über eine Lücke (Bocchetta) aus und bringt uns an den Fuss der Schlusswand. Die nun folgende, etwas steilere Seillänge ist sehr schön, führt über drei Dächer und ist dennoch nur mit 5b bewertet.
Sämtliche Seillängen sind ziemlich gestreckt und oft braucht man die vollen 50 Meter des Seils. Daher ist die Route mit ihren 500 Metern Kletterlänge und den dazwischen liegenden Laufstrecken für langsame Kletterer durchaus eine ansprechende Tagestour.
Dafür ist dann der Abstieg vom "Gipfel" einfach: Mit 25 Meter Abseilen erreicht man gegen Norden eine Grasterasse. Über die hier ansetzende, gut begehbare Grasflanke, gewinnt man in wenigen Minuten den Wanderweg, der zur Capanna Albagno führt. Über diesen Weg gelangt man in gut 30 Minuten hinunter zur Bergstation Mornera.
Trotz der erwähnten Graspassagen und dem nicht über alle Zweifel erhabenen Fels, ist die Route durchaus lohnend und vermittelt landschaftlich sehr schöne Eindrücke. Ein Rückzug mittels Abseilen ist aber sehr kompliziert. Allerdings kann man von der Bocchetta über einen frisch erstellten Weg durch eine Grasrinne absteigen. Dieser neue Trampelpfad dient vermutlich dem Zustieg zu einem sich in Arbeit befindlichen neuen Klettersteig, wie wir anhand der montierten Fixseile vermutet haben.
Auf keinen Fall sollte man im oberen Wandteil in ein Gewitter kommen, da der leicht flechtige Fels dadurch sicher nicht angenehmer wird und ein Rückzug sich wohl sehr mühsam gestaltet. Wir hatten diesbezüglich Glück und wurden erst auf dem Abstieg von den ersten Regentropfen eingedeckt.
Zusammen mit Richi und Dani habe ich einen wiederum ereignisreichen Tag verbringen dürfen. Besten Dank meinen zwei Kletterkollegen!