Geisswändli
Geisswändli
Die vom Gletscher geschliffenen Felsbuckel "In den Feden", nordöstlich des Staudamms in der Göscheneralp, bieten mittlerweile zahlreiche Klettermöglichkeiten. Einige Sektoren wurden bereits um 1980 herum entdeckt, andere wurden erst vor ein paar Jahren aus der Taufe gehoben. Viele Wände wurden in der Folge auch saniert und mit grossem Einsatz gereinigt.
So erhielt jene Wand beim letzten Strassentunnel, die wir 1983 mit unseren 3 Routen als komplett erschlossen betrachteten, dank der Verwendung eines Baukompressors ein grosszügiges Lifting. Die mit Hochdruck gereinigten Platten und Risse brachten unglaublich viele Klettermöglichkeiten zu Tage. In der Folge ging Ruedi Bunschi mit seinem "Kompressorwändli" in die Klettergeschichte ein. Der schnurgerade, praktisch selbst abzusichernde "Cliffs Crack" (ein Fingerriss, der allmählich zum Faustriss mutiert), darf sicher als Juwel bezeichnet werden.
Weiter unten, am Fusse des Staudamms, war Ruedi ebenfalls fleissig am Putzen und Sanieren. Er hauchte dem kleinen, aber feinen Klettergarten "Geisswändli" neues Leben ein. Der ebene, familienfreundliche Platz und die vielseitige Kletterei hatten damals René Schweizer und seine Freunde inspiriert, im harten Granit ihre kreativen Linien zu finden.
Die zahlreichen Rissspuren, die körnig strukturierten Platten und die anstrengenden Aufsteher sorgen für Abwechslung und gute Laune. Dank der gelungenen Sanierung kann auch gefahrlos am Limit geklettert werden, was wohl bei den feingriffigen und zu Beginn reibungslastigen Routen im linken Teil wohl stets der Fall sein wird. Hier sind die 7b- und 7c-Spezialsisten mehr auf brillante Fusstechnik, als auf pure Fingerkraft angewiesen.
Aber auch der der "harmlose", mit 6a bewertete, "Ass Crack" kann dafür sorgen, dass man plötzlich an seinem Kletterniveau zweifelt. Die genialste Linie stellt aber wohl "Twillight" im Bereich 6c dar. Ist im unteren Teil beim Linksquergang der optimale Reibungskoeffizient der Sohlen gefragt, kommen im Riss weiter oben ein paar schmerzhafte Fingerklemmer an die Reihe.
Die perfekten Verengungen im sonst offenen Riss ermöglichen in der Tat einen genussvollen Durchstieg. Unmittelbar rechts davon ist ""Mystic Man" (7a) mit einem beherzten Boulder zu gewinnen. Man könnte hier auch von einem "Zwergentod" sprechen, da eine grosse Reichweite den Griff zur rettenden Schuppe bestimmt erleichert.
Im rechten Wandteil werden die Routen leichter, bieten aber immer noch die eine oder andere knifflige Stelle. Vorallem die Aufsteher müssen oft mit Konsequenz "gemantelt" werden. Der Fels wurde im unteren Teil während des Kraftwerkbaus teilweise mit Sprengstoff bearbeitet. Die noch erkennbaren waagrechten Bohrlöcher bieten hier oft gute Griff- und Trittmöglichkeiten.
Erstaunlich, dass in diesem Wandsektor trotzdem noch viele natürliche Strukturen zu finden sind. Die einfachsten Routen sind ab einem Kletterniveau von 6a gut zu meistern.
Der kurze Zustieg und der erwähnte Platz am Fuss der Wand sprechen für diesen schönen Klettergarten. Wer etwas längere Routen sucht, oder auch selber seine Klemmgeräte einsetzen will, ist mit dem weiter oben gelegenen "Kompressorwändli" besser beraten. Beide bieten Klettergenuss in bestem Granit.
Am Karfreitag genossen wir völlig staufrei die Stille der Göscheneralp und erfreuten uns an dem gelungenen Werk der Erstbegeher und des Sanierers. Besten Dank für die geleistete Arbeit zur Freude der potentiellen Wiederholer. So macht es Spass!
Vielen Dank auch an Verena und Kurt für den gelungenen Klettertag abseits der Massen, die vor dem Gotthardtunnel ihren Trip in den Süden markant verlängerten.