3. März 2023
Sektor Hospital / Mehrseillängen-Klettern
«Federer», 6b, 6 SL
«Aghios Lemmy» 6b, 8 SL
Den ersten stabilen Schönwettertag wollen wir für einen Ausflug in die hohen Wände über dem Dorf Leonidio nutzen. Direkt vom Hotel aus machen wir uns auf den rund 20-minütigen Fussmarsch durch den spärlich mit Zwergsträuchern bewachsenen Hang. Das schmale Weglein ist gut zu finden und bringt uns in angenehmer Steigung an den Wandfuss.
Auf Anhieb finden wir den richtigen Einstieg zur Route «Federer» und füllen nochmals den internen Wasserspeicher. Die erste Länge sieht botanisch aus, vermeidet aber jeglichen Kontakt mit dem Grünzeug. Der rostrote, steile Riegel über unseren Köpfen wird in athletischer Manier in der 2. Länge durchklettert. Die Griffe sind zahlreich vorhanden und meist auch gross genug, um entspannt den Weiterweg zu suchen.
Dann flacht die Route etwas ab: Nicht nur betreff Neigungswinkel, sondern leider auch in punkto Schönheit. Diesen Imageverlust kann die Linie in der letzten Länge wieder aufpolieren. Eine Rissverschneidung und das abschliessende Dach verleihen der Kletterei die nötige Würze. Dieses 35 Meter lange Schlussbouquet entschädigt etwas für den eher lahmen Mittelteil. Insgesamt sind wir aber eher enttäuscht von der Felsqualität. Sind wir wohl schon zu stark verwöhnt?
Dass es deutlich besseren Felsen in dieser Wand gibt, erfahren wir rund zwei Stunden später in der benachbarten «Aghios Lemmy». Durchgehend perfekter Kalk und viele interessante Kletterpassagen erheitern unser Gemüt. Beat ist hell begeistert und geniesst jeden Zug an den griffigen Leisten, Löchern und Kanten. Den ganzen Tag sind wir zudem alleine in diesem Wandbereich und saugen die wohltuende Ruhe auf. Das einzige Lebewesen neben uns zwei ist eine träge Schildkröte, die im Einstiegsbereich ihre kleine Welt erkundet und dabei erwartungsgemäss keinen Radau veranstaltet.
Mit schmerzenden Zehen und doch etwas verspannten Schultern erreichen wir schliesslich nach 14 Seillängen plus der 2. Abseilfahrt wieder wohlbehalten die «Homebase» des gepanzerten Vierbeiners. Eine Stunde später geniessen wir unten im Dorf den sehnsüchtig erwarteten, obligaten Apéro und schmieden bereits Pläne für die folgenden Tage.