Impressum Sitemap

Sandplatte

Sandplatte «Chilbitanz» 6a+, 5 SL
Mit zerkratzten Beinen und Frisuren voller Tannennadeln erreichen wir die Hochebene «Sand» im Voralptal. Hinter uns liegt ein etwas krautiger Aufstieg vom Wandfuss der Sandbalmfluh, der uns ganz zum Schluss noch eine Lektion «Waldbaden» beschert. Nach dem effizienten Durchstieg der «Moskito» bleiben noch ein paar Tagesstunden für eine Route in der Sandplatte. Die insgeheim anvisierte «Traumtänzer» ist leider noch nass und auf den ersten Metern brutal verschmutzt. Letzteres gilt auch für die «Chilbitanz», die zum Glück aber trocken scheint.

Das stark unterhöhlte Schneefeld am Einstieg überliste ich mit einem wackligen Quergang von rechts. Danach kann ich meine Bergschuhe zu Stine rüber werfen. Sie wird mich auf dem Schneefeld stehend sichern und kann anschliessend mit Seilsicherung von oben den heiklen Übergang in Angriff nehmen. Halb oben in der Startlänge vermisse ich sehnlichst meine Camalots, die zu Hause im Keller lagern. Etwas hohl tönende Schuppen, die verfluchten Schmutzablagerungen auf den spärlichen Tritten und ein weit unter mir steckender, «windiger» Schlaghaken muss ich gedanklich ausblenden, um nicht in Nervosität zu verfallen. Am letzten Bohrhaken vor dem Stand hängt einsam ein Karabiner. «Hier hat wohl einer wirklich die Nerven verloren» geht es mir durch den Kopf. Diese letzten Meter zum rettenden Muniring hoch sind in der Reprise betrachtet, aber die angenehmsten der ganzen Länge, da sie blitzblank sauber und trocken daherkommen.

Stine gelingt der Einstieg via Schneefeld ohne Probleme, was ihr erlaubt, sich von den Bergschuhen zu verabschieden und auf ein profilloses Model umzusatteln. Wenig später klinkt auch sie sich in den Muniring und betrachtet erwartungsvoll die folgenden Klettermeter. Entlang einer erstaunlich griffigen Hangelschuppe quert man links hinaus und entert mit etwas Verrenkungen und einem passablen Aufsteher die imposante, geschwungene Verschneidung. In diesem fast etwas beklemmenden Winkel hilft Stemmen, Drücken und natürlich gutes Hinstehen, bevor man mit einem weiten Spreizschritt rechts aus diesem Kanal ausbüxen kann und deutlich leichter zum Stand hochkommt.

Zwei eng steckende Bohrhaken direkt über dem abschüssigen Sicherungspodest lassen eine schwere Stelle vermuten. Dank einem Riss im Verschneidungsgrund ist die Stelle aber gut lösbar. Über Platten und weitere, einfache Verschneidungen geht’s es leicht links haltend zum nächsten Stand. Die feinen, aderförmigen Wasser-Rinnsale verlangen beim Setzen der Schuhe etwas Konzentration, ansonst ist dies die gemütlichste Länge der Route. Zunehmend werden die Schmutzanhaftungen aber wieder ein Thema. In der nächsten Länge muss eher rechtshaltend über Platten hochgeschlichen werden Die gut sichtbaren Petzl-Laschen zur Linken markieren den Routenverlauf von «Traumtänzer». Wer diesen folgt, muss weiter oben ein paar heikle Tanzschritte im Bereich 7a hinlegen.

Das Finale von «Chilbitanz» wiederum ist teilweise von der Botanik zurückerobert worden. Der Haken mit der vergilbten Schlinge beim ersten Aufschwung ist leider zu hoch platziert und mühsam zu klinken. Nun fehlt noch der rassige Schlussspurt über die zwei eng steckende Bohrhaken. Diese Reibungspassage sorgt nochmals für echte «Chilbi-Stimmung». Ein bequemer Standplatz mit Muniring markiert schliesslich das Routenende. Rasch seilen wir über die Route ab in Richtung Wandfuss und hoffen, ohne lästigen Seilverklemmer durchzukommen. Ein beherzter Sprung über die Randkluft und eine kurze Rutschpartie über das Schneefeld lassen uns ebenen Boden erreichen.

Die Querung der erstaunlich viel Wasser führenden Voralpreuss verlangt nochmals ein paar Hüpfer von Stein zu Stein, dann könnten wir endlich unsere Schritte in den breiten Wanderweg setzen und der Voralpkurve zustreben. Die Route «Chilbitanz» könnte – analog der «Moskito» an der Sandbalmfluh – einen ordentlichen Putztag gebrauchen. Mit ein paar optimal platzierten, zusätzlichen Bohrhaken könnte die Absicherung zudem markant verbessert werden und damit durchaus wieder für höhere Begehungsfrequenzen sorgen. Vielleicht nehme ich mich der Sache demnächst mal an… Vielen Dank an Stine für den genussvollen MSL-Nachmittag und deinen tapferen Kampf durch die botanischen Gärten.