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Apatit zu Ostern

Apatit zu Ostern
Kurt Müller, Erstfeld

Nach einem harten Winter mit vielen kalten Tagen, kündigt sich Ende März / Anfangs April zaghaft der Frühling an. Das lange Warten hat für uns Strahler endlich ein Ende. Der Rucksack ist gepackt und das Werkzeug ist für seinen Einsatz im harten Gestein frisch zugespitzt. Kurz gesagt: Ich bin bereit für eine erste Erkundungstour! Am Ostersamstag ist es soweit. Ich beabsichtige, die Strahlersaison 2010 im Intschitobel zu eröffnen. Ein Weiterarbeiten an der Weihnachtskluft (siehe UMF Heft 02/10) scheint für mich genau das Richtige zu sein. Voll motiviert steige ich, von Intschi her kommend, über steile Hänge zur Reuss hinab. Immer wieder bleibe ich stehen und beobachte das Frühlingserwachen der Natur. Die warmen Tage haben auch im Tobel ihre Spuren hinterlassen. Überall blüht es und Insekten schwärmen bereits zu ihren ersten Flügen aus. Zwischendurch halte ich auch immer wieder Ausschau nach verdächtigen Stellen. Unten an der Reuss angekommen, fülle ich meine Trinkflasche mit Wasser, denn es verspricht ein durstiger Tag zu werden. Schon entdecke ich meine Stelle. Bevor ich mit dem Arbeiten beginne, errichte ich zuerst einen gemütlichen und komfortablen Sitzplatz. Ich deponiere das Werkzeug. Auch genügend Packmaterial ist heute dabei. Schön, wenn man aus Fehlern lernt.

Nach einer kurzen Verpflegungspause wird die harte Arbeit aufgenommen. Abwechslungsweise rücke ich dem harten Fels mit diversen Werkzeugen zu Leibe. Mit dem Strahlstock kann ich lockere Felsplatten von beträchtlicher Grösse lösen, welche mit lautem Getöse und hohem Tempo über den Abhang direkt der Reuss zu donnern. Bei verdächtiger Felsstruktur bearbeite ich das Gestein mit Fäustel und Spitzeisen. Nach einer guten Stunde Arbeit, öffnet sich plötzlich eine kleine Kluft. Neugierig werfe ich einen Blick in die Öffnung, um nachzusehen, was da wohl im Hohlraum verborgen sein könnte. Bereits zeigt sich ein schlanker Spitz. Zaghaft wird mit gezielten Hammerschlägen die Kluftöffnung erweitert.

Jetzt wo mehr Tageslicht in die Kluft einfallen kann, entdecke ich, dass es sich keineswegs um einen vermeintlichen Quarzspitz handelt. Ein ungewöhnlicher Habitus und die lila schimmernde Farbe? Das muss ein Apatit sein, schiesst es mir durch den Kopf. Jetzt aber noch vorsichtiger, noch überlegter und noch ruhiger weiterarbeiten, was in Anbetracht der zu erwartenden Stufe gar nicht so einfach ist. Mit leichten Schlägen wird rings um dieses Prachtstück Platz freigemacht. Zeit spielt jetzt keine Rolle mehr. Das Ziel muss es sein, diesen herrlichen, auf Matrix sitzenden Apatit, unversehrt zu bergen. Da, plötzlich löst sich das Muttergestein entlang eines feinen Risses. Mit zittrigen Händen kann ich meinen ersten selbst gefundenen Apatit der Kluft entnehmen. Stolz halte ich ihn gegen die Sonne. Wunderschön, und diese Farbe! Kurzerhand wird der Fund vorsichtig verpackt und an einem sicheren Ort deponiert.

Glücklich und dankbar lege ich eine kurze Pause ein. Ich kann jedoch nicht lange ruhig sitzen bleiben. Meine „Gwundernase“ treibt mich an, weiter zu arbeiten. Ob da wohl noch mehr solche Stücke zum Vorschein kommen? Vorsichtig taste ich mich mit dem feinen Häkchen weiter in die Kluft hinein. Obwohl der Hohlraum von kleiner Dimension ist, kommt eine Stufe nach der anderen zum Vorschein. Es handelt sich aber „nur“ um kleine Quarzstufen, leider ohne das heiss begehrte Begleitmineral Apatit. Bis auf ein Felsstück, das sich noch in einem schmalen Spalt verklemmt hat, ist die Kluft fein säuberlich ausgeräumt. Mit meinem Körper vollführe ich die wildesten Verrenkungen, um auch noch dieses Stück zu bergen. Mit dem abgekröpften Ende meines Häkchens fische ich schliesslich auch diesen Stein noch ans Tageslicht. Und welche Überraschung. Mitten auf der geborgenen Stufe sitzt ganz frech ein weiterer wunderschöner Apatit in glänzendem Lila. Mit einem Freudenjauchzer begrüsse ich diese Traumstufe. Im Verlauf des Tages gelingt es mir, noch zwei weitere Quarzstufen mit aufsitzendem Apatit zu finden. Überglücklich, bereits zur Saisoneröffnung einen solchen Fund zu tätigen und so reich beschenkt zu werden, verpacke ich die Steine, platziere sie gut gepolstert im Rucksack und trete müde den Heimweg an. Morgen ist Ostersonntag. Dann kommt der Osterhase. Mir muss er nichts mehr bringen!