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Scaladri

Scaladri di Avegno
"Rosa e Jacqueline" 6c+, 14 SL

Der Sektor Scaladri über dem Dorf Avegno, wenige Kilometer hinter Ponte Brolla, war in den Achtziger- und Neunziger-Jahren das Testgelände der stärksten Tessiner Plattenkletterer. Die anspruchsvollste und mit knapp 500m auch längste Route der Wand ist "Rosa e Jacqueline". Clauco Cugini spricht in seinem Führer von sportlichen Abständen...

Die Route weist ein paar sportliche Hakenabstände auf, ist aber nirgends gefährlich ausgerüstet. Zwingende 6b-Plattenstellen vier bis fünf Meter über dem Haken sollte man aber stressfrei klettern können. Ein paar mittlere Friends können ebenfalls gut eingesetzt werden.

Mit Richi und Dani standen heute zwei bewährte Teammitglieder zur Seite. Topmotiviert nahm Dani auch sofort das schärfere Seilende zur Hand. Mir war's recht, wusste ich doch nicht so genau, wie sich mein Knie über die lange Distanz verhalten würde.

Die ersten zwei Längen führen über dunkle, leicht brosmige Platten. Dann wir das Teil steiler, dafür finden sich mehr Strukturen. Ein ebenfalls leicht bröseliger Dachriegel mindert aber auch hier den absoluten Klettergenuss.

Nach einer knallharten 6a-Länge, die durch einen stumpfen Riss führt, folgen die zwei 6c-Sequenzen, die mit 1 respektive 2 p.a. nicht komplett frei kletterbar sind. In den leichteren Passagen dieser zwei Längen finden sich die erwähnten Runouts. Der Fels ist hier aber im Gegensatz zu den ersten Längen von tadelloser Qualität.

Nun ist etwas Botanik angesagt. Dann wartet eine herrliche 6b-Länge an genialen Felsstrukturen. Aber auch hier ist gemäss Topo ein Griff zum Silberling nötig. Gegen oben hin wird die Wand immer gestufter. Aufschwung, Band, Aufschwung, Band: so lautet die Devise.

Wenn man sich nach einer genialen Kantenlänge am Ziel wähnt, sollte man noch 40 m über das ebene Grasplateau zum nächsten Aufschwung laufen. Hier beginnt dann die 14. und letzte Länge; zugleich ist dies auch die Schlüsselstelle: ein überhängender Handriss, der mit Friends komplett abgesichert werden kann. Leider stecken hier drei Bohrhaken - eigentlich schade um diese Linie!

Hier oben machte sich dann der stürmische Nordwind unangenehm bemerkbar. Der gleiche Geselle schüttelte uns beim Abseilen gehörig durch und verfrachtete die freihängendenSeile unangenehm weit Richtung Locarno. Wir kamen trotzdem ohne Verhänger heil nach unten und genossen im naheliegenden Grotto das verdiente Feierabendbier. Vielen Dank an meine beiden Freunde und Gratulation an Dani für den Vorstieg.

"Rosa e Jacqueline" vermag nicht ganz zu überzeugen. Die drei p.a.-Stellen, die vielen Bänder zwischen den Aufschwüngen und die ersten "Brösel-Längen" verhindern die Bestnote. Es gibt bessere Routen am Scaladri, aber ein Besuch war die zwei "Damen" auf jeden Fall wert...