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Sasso San Gottardo

Klettergarten Sasso Gottardo 5a - 6c
Direkt über der historischen Gotthardfestung Sasso San Gottardo, die zu einem beliebten Museum umgestaltet wurde, kann man auch sehr genussvoll klettern. Der Urner Hans Kempf, mit 111 Erstbegehungen ein unermüdlicher Erschliesser der steilen Schächentaler-Wände, richtete hier ab 2014 einen wirklich lohnenden Klettergarten mit insgesamt 14 Routen ein. Im November 2020 verunglückte Hans Kempf leider beim Klettern am Balmer Grätli. Wenige Tage vor seinem fatalen Absturz traf sich Hans Kempf mit Bruno Bollinger, dem äusserst aktiven Präsidenten der "Urner Kletterfinken UKF".

Bei diesem Treffen trat der 75-jährige Hans mit folgenden Wünschen an die Urner Kletterfinken heran: Sein Routenvermächtnis sollte weiter gepflegt, unterhalten und saniert werden. Die Routen sollten am Einstieg beschriftet und die entsprechenden Topos öffentlich pupliziert werden. Zudem sollten die Zustiege gepflegt werden und auch die vorhandenen, voll geschriebenen Routenbücher zurück an die Erstbegeher gelangen. Ein wahre Herkules-Aufgabe! Bruno Bollinger ging in der Folge den UKF-Mitgliedern mit gutem Beispiel voran und widmete sich dem Klettergarten Sasso San Gottardo mit viel Hingabe und Fleiss.

Seinem Aufruf an die UKF-Mitglieder, den neuen Klettergarten am Gotthardpass zu besuchen und eine aktualisierte Schwierigkeitsbewertung der Routen zu erstellen, folgten wir gerne. Da momentan in unserem Strahlnergebiet am Galenstock noch relativ viel Altschnee die Klüfte überdeckt, nutzten wir spontan einen halbwegs schönen Tag und düsten zum Gotthardpass hoch. Der Zustieg entlang einem alten Militärpfad war zwar vom Tau noch triefend nass, die anvisierten Granitplatten präsentierten sich zum Glück aber in perfekt trockenem Zustand. Geländebedingt waren mein Bruder Kurt und ich am Wandfuss bestens geschützt vor dem bissigen Nordwind, der uns unten auf der Passhöhe noch schaudern liess. Einem genussvollen Klettertag stand damit nichts mehr im Weg.

Wir starteten im linken Wandteil mit den ersten Routen. Die drei ganz leichten Linien über flache Platten, die Hans alle im dritten Grad bewertet hatte, liessen wir aber links liegen. Gerade als wir die zweite, sehr gut abgesicherte Route im Grad 5a antasteten, tauchte plötzlich Bruno Bollinger mit einem prall gefüllten Rucksack am Wandfuss auf. Die Freude über dieses zufällige Zusammentreffen war gross. Bruno hatte ein gebrauchtes Seil zum Klettergarten hochgebuckelt, welches er als Fixseil für den Zustieg zum oberen Sektor anbringen wollte. Zudem wollte er alle Einstiege mit den Schwierigkeitsangaben versehen. Als erster Schritt nutzte er dazu provisorisch beschriftetes Klebeband, später sollen gravierte Metallplaketten dem rauhen Klima am Gotthard trotzen.

Unter diesen Umständen waren Kurt und ich doppelt motiviert, sämtliche Routen sauber zu klettern und einen Konsens betreffend Bewertung zu finden. Gespannt waren wir besonders auf drei Linien: "Sirocco" war von Hans Kempf mit VIII+ (7a+) bewertet worden, "Intension" und "Hopsassa" gar mit A0 und A1-Passagen beziffert, also noch nicht frei geklettert. Angesichts der perfekten Absicherung konnten wir uns da sicher genügend austoben und das Limit der Adhesion ausloten. Vor diesen nominellen Knacknüssen war aber mit "Saumpfad" noch eine voraussichtliche 6b an der Reihe. Diese ging uns erstaunlich locker unter den Finken weg, worauf eine Abwertung auf 5c+ zur Diskussion stand. Wir einigten uns schliesslich auf ein mildes 6a.

Als auch die VIII+ (7a+) der "Sirocco" auf Anhieb und ohne wacklige Züge von beiden problemlos durchstiegen und neu mit 6b+ taxiert war, stieg die Hoffnung auf die mögliche Ausmerzung der A0/A1-Stellen in "Intension" und "Hopsassa". Tatsächlich konnten wir diese beiden Routen im ersten Versuch frei begehen und vergaben eine 6b+, respektive eine 6c. Letztere ist ein kurzer Boulderzug über einen leicht drückenden Aufschwung mit anschliessendem Aufsteher - ein klassischer "Zwergentod". Somit waren bis auf die drei einfachen Plattenrouten ganz links alle Routen geklettert und neu bewertet.

Mit etwas gutem Willen und Einsatz hätten wir diese drei Linien im Bereich 3a sicher auch noch geschafft. Lieber wiederholten wir aber nochmals die drei lohnendsten Routen im steileren Teil. Besonders empfehlenswert sind dabei "Intension"(6b+) und "Forza" (6b+), bei der auf den ersten Metern ein paar kräftige Kletterzüge verlangt werden. Nun hatten wir uns das von Bruno Bollinger gesponserte Bier redlich verdient. Gemeinsam stiegen wir nach der gemütlichen Pause zurück zur Passhöhe. Da Bruno mit dem Postauto angereist war, nahmen wir ihn gerne als Fahrgast mit und legten beim Gotthardmätteli einen weiteren Zwischenstopp ein. Wir drei hatten uns viel zu erzählen! Herzlichen Dank an Bruno Bollinger für seinen unermüdlichen Einsatz als Präsident der Urner Kletterfinken und seine fleissige Pflege der Klettergebiete am Gotthardpass.

Der eher plattige Klettergarten "Sasso San Gottardo" bietet 14 lohnende Routen in bestem Granit. Der Fels ist herrlich strukturiert und bietet vereinzelt sogar Fingerlöcher. Der Wandfuss ist mit mit Steinblöcken durchsetzt, bietet aber fast bei jedem Einstieg bequemes Sichern. Der Zustieg erfolgt vom Museum "Sasso San Gottardo", vorbei an den drei Fahnenstangen zu altem Militärpfad. Diesem folgend erreicht man nach ca. 10 Minuten einen kleinen Steinmann, von dem man über grosse Blöcke und Grasflanken in wenigen Minuten den Wandfuss erreicht. Die Routen werden alle noch mit Metallplaketten beschriftet, ein korrigiertes Topo [3 032 KB] kann hier heruntergeladen werden. Viel Spass beim Klettern am Gotthardpass oben!