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Holzerstock

Holzerstock
Südostverschneidung, 5c+, 6 SL
Südostwand, 6a+, 5 SL

Die Gegend rund um den Alplersee im Tal von Riemenstalden ist ein wahres Idyll und sehr lohnenswert für einen Besuch. Für den weiten Anmarsch von Chäppeliberg entlang der Alpstrasse bis zu den Hütten von Alplen drängt sich fast die Benutzung eines Mountainbikes auf. Da Stine und ich in diesem Metier immer noch altmodisch und motorlos unterwegs sind, floss der Schweiss in Strömen. Die schweren Rucksäcke und die zu Beginn doch ordentliche Steigung trieben den Puls rasch in die Höhe. Weiter oben, wo die Strasse dann etwas flacher wird, konnten wir endlich etwas entspannter und mit grösserer Übersetzung entlang der blühenden Alpweiden dahinradeln.

Bei den Hütten von Alplen versteckten wir unsere Drahtesel und ketteten sie an den massiven Holzbalken eines verlassenen Stalls. Nun folgte der steile Aufstieg zum Alplersee, den wir aber erstaunlich rasch erreichten. Hier präsentierte sich die Südostwand des Holzerstocks im besten Licht. Auf gutem Weg passierten wir am nördlichen Seeufer und standen nach einer Hangquerung schon bald unter der stark strukturierten Wand des Holzerstocks. Über steile Grasflanken und Geröllfelder kraxelten wir nun dem Einstieg der Südostverschneidung entgegen, der unter einem markanten Dach bei einem verwitterten orangen Farbpunkt zu finden ist. Ein paar Laubbäume spendeten hier etwas Schatten und erlaubten auch ein einigermassen bequemes Stehen.

Die erste Seillänge überwindet ein mergelartiges Band der Tierwis-Formation (Drusberg-Formation), dessen Griffe und Tritte mit grösster Vorsicht zu geniessen sind. Der unangenehm brüchige und staubige Startüberhang lässt sich dank einer fixierten Schlinge technisch überlisten, dann quert man fast waagrecht nach links und erreicht schon bald den ersten Stand. Die nächste Länge verläuft immer noch in diesem Mergelband und quert nach ein paar vertikalen Metern wieder stark nach links. Wir staunten über die alten Schlaghaken der Marke Anderrüthi, klippten aber gerne die dicht steckenden Bohrhaken. Diese wurden von Toni Fullin, Toni Gamma und Dani Gamma anlässlich einer Sanierung im Jahr 2009 platziert. An dieser Stelle gebührt diesem Trio ein herzliches Dankeschön für die gelungene Sanierungsaktion.

In der dritten, etwas botanischen Seillänge erreicht man nun den deutlich festeren Schrattenkalk, der das Mergelband der Tierwis-Formation überlagert. Ein rege benutzter Ameisentrail liess mich rasch zum nächsten, bequemen Standplatz weiterklettern. Stine durfte nun die folgende, genussvolle scheinende Plattenlänge vorsteigen, die zugleich die Schlüssellänge bildet. Wo das Gelände wieder einfacher wird, quert die Route deutlich nach rechts und errreicht den nächsten Stand unter der markanten, namensgebenden Verschneidung.

In zwei hübschen, plattigen Längen durchsteigt man diesen grossen Felswinkel, wobei man sich selten im Verschneidungsgrund bewegt. Die Ausstiegslänge ist wunderschön und verlangt trotz der nominell tiefen Bewertung von 5b+ etwas Engagement. Die leicht splitterigen Griffe auf den letzten Metern sind wieder mit Bedacht zu bedienen, dann steht man unverhofft auf der Gratkante und kann sich an einer Legföhre festzurren. Ein Fussabstieg über die undeutlichen Wegspuren (T4) der Nordabdachung runter zum Wanderweg Alplersee - Butzen oder der kurze Weiterweg zum Gipfel, wo eine südseitige Abseilpiste beginnt, wären optional möglich. Wir seilten über die Route ab, was dank den sanierten Standplätzen in drei Manövern machbar ist, kämpften dabei aber mit üblen Seilverhängern. Daher empfehle ich den kurzen Aufstieg zum Gipfel mit Benutzung der raffinierten Abseilpiste (2 x 45 m). Etwa 10 Meter östlich des Gipfels markieren ein Mikro-Steinmann am Grat und verblasste Farbmarkierungen den Zugang zur etwas versteckten Drahtschlinge an einer Legföhre. Nach 45 m luftiger Abseilfahrt landet man auf einer bequemen Felskanzel mit zwei Bohrhaken, von der man in weiteren 45 Metern den Wandfuss erreicht.

Wir packten unsere Rucksäcke und stiegen dem steilen Wandfuss entlang zum Einstieg der Südostwand, die sich in einer Nische mit einem markanten Ahornbaum befindet. Als die berühmten Klettergrössen Franz Anderrüthi und Albin Schelbert 1968 diese Route erstmals kletterten, war ich gerade zwei mickrige Jahre auf der Welt. Die massiv dimensionierten Bohrhaken-Relikte dieser Zeit stecken vereinzelt noch im Fels. Nun wurde die Route aber im letzten Jahr vom Bergführer und Strahlner Adi Furrer vorbildlich saniert. Die Kletterei beginnt im festen Schrattenkalk, da das Mergelband der Tierwis-Formation wenige Meter rechts vom Einstieg im Erdreich verschwindet.

Der erste Standplatz in einer Nische folgt rasch nach dem Einstieg. Stine suchte sich entlang von Schuppen und Rissen den Weg in der folgenden Länge und landete schliesslich bei den Stand-Bohrhaken unter dem markanten, gelben Überhang in Wandmitte. Von hier quert man waagrecht gut 20 Meter nach links und folgt anschliessend den Bohrhaken nach oben. Hier wollte ich zuerst direkt über eine brüchige Passage zum alten Bohrhaken weiterklettern, erblickte dann aber links aussen den bequemen Stand auf der markanten Felskanzel, wo die vorgängig beschrieben Abseilpiste einen Zwischenstopp verlangt. Nachdem Stine diese Kanzel im Nachstieg ebenfalls erreicht hatte, ging's wieder ein paar Schritte auf bekanntem Terrain nach rechts und durch die Verschneidung hoch. Risse und Schuppen öffneten den weiteren Weg zum Stanplatz mit Wandbuch-Gamelle. Jährlich drei bis vier Seilschaften trugen sich chronologisch in das Büchlein ein. Mit der erfolgreichen Sanierung werden es vielleicht wieder mehr Begehungen dieser lohnenden Route...

Die letzte Seillänge führt in bestem Fels durch eine Verschneidung hoch, wo man sogar ein paar Handklemmer in einem Riss platzieren darf. Der feine Rechtsquergang über die glatte Platte bildet das "Piece de Resistance", kann aber auch technisch erschummelt werden. Ein paar steile und athletische Kletterzüge später stand ich wieder am Gipfelgrat und konnte Stine wenige Minuten später zum zweiten Mal gratulieren. Wir wanderten die wenigen Meter zum Gipfel hoch, genossen den herrlichen Tiefblick auf den Urnersee und fanden nach etwas Herumirren den Start der Abseilpiste (siehe weiter oben in diesem Bericht).

Problemlos und ohne Verhänger seilten wir in zwei Etappen über die Wand ab und standen kurz darauf in der Geröllhalde am Wandfuss, wo wir unser Material sortierten. Nach der Beladung unserer Rucksäcke lockte nun der glitzernde Alplersee, in dem noch Eisreste und alter Lawinenschnee herumtrieben. Für ein kurzes, erfrischendes Fussbad reichte die Wassertemperatur ganz knapp. Als bekennender Warmduscher verzichtete ich aber gerne auf ein Vollbad.
Die zwei hier beschriebenen Klettertouren am Holzerstock sind durchaus lohnend, betrachtet man das Gesamterlebnis. Besonders die Südostwand bietet ein paar wunderschöne Kletterpassagen in festem Kalk. Der eine oder ander Grasbüschel stört dabei nicht gross. Herzlichen Dank an Stine für den genussvollen Klettertag am Holzerstock!
Auf dem unteren Bild ist der Routenverlauf der Südostwand eingezeichnet mit der grün markierten Abseilpiste.