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Rynächtfluh "Handlanger"

Rynächtfluh "Handlanger" 6c A0, 12 SL
Die Rynächtfluh, eine mächtige, bis zu 300 Meter hohe Kalkwand, direkt über der Kantonsstrasse zwischen Schattdorf und Erstfeld gelegen, hat schon immer die Augen zahlreicher Kletterer auf sich gezogen.

Der Fels ist nicht überall fest, bietet aber zum Teil geniale Sektoren wie das "Acherli" oder den "Ölscheich", die unter dem kletternden Volk beliebt sind und auch eine Hülle an genialen Routen bieten.

Durch den zentralen Wandteil eröffneten 1986 Paul Zurfluh und Stefan Geisser eine 12 Seillänge messende Route, die damals viele hakentechnisch gekletterte Passagen aufwies. Die Bewertung lautete dementsprechend auch VI- A1

An diesem wettermässig eher durchzogenen Samstag waren wir am Morgen schon mal bis Faido TI gefahren, um schliesslich angesichts der einsetzenden Regenfälle via Gotthardpass wieder zurück ins Urnerland zu fahren. So nä Seich!

Aber auch im Urnerland wurde es Nachmittag, bis endlich der Regen ein Ende hatte und zögerlich das Himmelsblau hervorkam. So kam uns die Route "Handlanger" sehr gelegen, ist doch die Anfahrt und der Zustieg extrem kurz und zudem schien am späteren Nachmittag die Sonne in die Wand.

Allerdings war es auch ohne Sonne schon recht schwül und am Einstieg oben wollte angesichts der ziemlich üppig verwachsenen Wand nicht so recht Kletterlust aufkommen. Schliesslich stieg ich trotzdem ein und war von der Felsqualität positiv überrascht.

Zahlreiche scharfe Leisten ermöglichen eine weitgehend freie Kletterei, allerdings ist das 27-jährige Hakenmaterial nicht so vertrauenserweckend.
In der zweiten Seillänge geht es senkrecht und in freier Kletterei weiter an teils guten Griffen bis ein grasiger Riss etwas den Kletterfluss hemmt. Kurz vor dem Stand stecken plötzlich zwei neue Bohrhaken, wobei der untere total unlogisch platziert ist. Diese Stelle ist auch obligatorisch zu klettern und sprengt den VI- A1-Rahmen ganz massiv.

Die folgenden zwei Längen sind dann von der ganz üblen Sorte: Zuerst über ein steiles Grasband, dann weiter über grasdurchsetzten Fels und schliesslich hoch zu einem Baum, von dem erneut auf ein grasiges Band gequert werden muss. Hier wurde ebenfalls mit neuen Bohrhaken eine Direktvariante gebohrt, die aber im oberen Teil auch im Gras endet. Im unteren, sehr unübersichtlichen Teil steckt aber noch der alte Schrott im Fels.

Die 5. Länge bietet herrliche Kletterei und gelang mir Onsight. Angesicht der rostigen 8mm Schrauben, welche die selbstgebastelten Bohrhaken an der Wand halten, wohl auch bei weitem die beste Variante. Der überraschende Rechtsquergang in einen grasigen Riss und weiter zum Stand mindert den Genuss leider aprupt. Immer wieder wechseln sich nun schöne Felspartien mit total botanischem Gelände ab. In der 7. Seillänge kommen erstmals auch die mitgeführten Camelots zum Einsatz. Diese Länge verläuft atypisch an grossen Piazschuppen.

Die Wand wird nun immer verwachsener und als schliesslich noch ein langer Rechtsquergang ansteht, haben wir die Schnauze voll. Wir wollen über die Route abseilen und auf keinen Fall den mühsamen und heiklen Ausstieg durch den Wald wählen. Aus diesem Grund haben wir auch ein paar Reepschnüre und alte Karabiner dabei, mit denen wir beim Abseilen die Stände verstärken. Im unteren Teil sind diese zwar gut, weiter oben wird das Material aber immer schlechter.

Mit den nagelneuen 60-Meter Seilen von Richi sind wir in vier Sequenzen bereits wieder am Wandfuss und wenige Minuten später beim Auto, wo den zahlreichen auf uns herumkrabbelnden Zecken der Garaus gemacht wird.

Im aktuellen Zustand kann ich die Route "Handlanger" nicht empfehlen. Die etwas schwach dimensionierte Absicherung mit 8mm Schrauben würde wegen der eng steckenden Haken ja noch durchgehen. Schlimmer ist vielmehr das stark wuchernde Gras und die störenden Sträucher und Bäumchen.

Wenn man die Route aber sanieren und radikal putzen würde, könnte es durchaus eine schöne Freikletterei werden. Die meisten Stellen konnte ich auf Anhieb Rotpunkt klettern (bis ca. 6c). Angesichts der Ausrüstung wollte ich aber keine Experimente machen und griff bei heiklen Stellen gerne zu den eingehängten Karabinern. Mit soliden Bohrhaken und gereinigten Griffen ist die Route ganz sicher frei kletterbar.
Danke Richi für den abenteuerlichen Nachmittag und nochmals ein herzliches Entschuldigung für den massiven Stein, der versehentlich auf Deinem Brustbein gelandet ist....